Brisantes Papier beschlossen: Spaltet die FDP jetzt die Ampel-Regierung?
Berlin - Trotz heftigen Gegenwindes hat das FDP-Präsidium am Montag ein umstrittenes 12-Punkte-Papier "zur Beschleunigung der Wirtschaftswende" beschlossen. In dem fordern die Liberalen unter anderem eine Reform des Bürgergeldes, steuerliche Vorteile für Überstunden, ein Aus für die Rente mit 63 oder ein Ende der Förderung erneuerbarer Energien.
Eine Reihe von Maßnahmen seien notwendig, um eine "Wirtschaftswende" herbeizuführen, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und den Wohnstand in Deutschland zu sichern.
Mit diesen Worten verteidigte FDP-General Bijan Djir-Sarai (47) am Montag die Pläne, die bei Umsetzung einen tiefen Einschnitt in der Sozialpolitik bedeuten würden.
Es sei ihm klar, "dass der ein oder andere Koalitionspartner dies nicht auf Anhieb nachvollziehen kann". Man habe aber die Punkte formuliert, die "aus unserer Sicht notwendig und richtig sind".
Das sah man vor allem in Reihen der SPD anders. Forderungen nach Verschärfungen beim Bürgergeld seien "Unsinn", der Abbau von Arbeitnehmerrechten oder das Kürzen von Renten "keine gute Idee", so Arbeitsminister Hubertus Heil (51, SPD).
Seiner Meinung nach seien die Vorschläge "eher Parteitagsfolklore der FDP, denn das wird ja nicht Wirklichkeit werden in der Regierungskoalition".
Hat die FDP eine "Austrittserklärung aus der Koalition" beschlossen?
Noch deutlicher äußerten sich zwei andere SPD-Größen. "Das Wirtschaftswende-Konzept von Christian Lindner besteht vor allem aus der Beschimpfung von Arbeitnehmern", so SPD-General Kevin Kühnert (34) gegenüber dem "Tagesspiegel". Und Bundestagsabgeordneter sowie Sozialexperte Helge Lindh (47) sprach gar von einer "Austrittserklärung aus der Koalition".
Der gehören neben SPD und FDP auch die Grünen an. Die nahmen das ganze Hin und Her gelassen hin. "Wir arbeiten an den Lösungen, die wir miteinander vereinbaren und versuchen so, das Land voranzubringen. Dass wir unterschiedliche Ansichten haben, ist alles noch nicht besonders neu", so Parteichef Omid Nouripour (48). "Die Koalition arbeitet, und das wird nicht sich ändern, weil es Parteitagsbeschlüsse gibt."
Wie auch immer, die FDP wird sich von ihrem Weg nicht abbringen lassen. Das machte Djir-Sarai deutlich: "Das hier ist eine Koalition, das ist keine Fusion und hier sind unterschiedliche Parteien zusammen, die auch unterschiedliche Vorstellungen haben."
Es bleibt spannend, ob der neuerliche Knatsch wirklich zu einem Bruch der Koalition führen wird oder ob es, wie so oft bei den drei Streithähnen, bei viel heißer Luft um nichts bleiben wird.
Titelfoto: dpa/Michael Kappeler