Erst 24 Jahre alt und schon im Bundestag: Nimmt man Dich überhaupt ernst, Fabian Funke?
Berlin - Na, welche Rolle hat Politik in Eurem Leben gespielt, als Ihr Mitte 20 wart? Wieso wir das fragen? Fabian Funke ist gerade einmal 24 Jahre alt und sitzt schon im Deutschen Bundestag. Ob man ihn da überhaupt ernst nimmt und warum er gerne mit den "uncoolen Kids" abhängt, erzählt der gebürtige Dresdner im Gespräch mit TAG24.
TAG24: Fabian, Flüchtlingsströme, Pandemien, sonstige Krisen... Warum will man in der Zeit eigentlich Politiker werden?
Fabian Funke: Das kann man sich nicht aussuchen und man weiß das auch vorher nicht, wenn man für so ein tolles Amt kandidiert und was man dann in der Berliner Politik umsetzen wird. Man muss natürlich sagen, dass wir in einer ganz schwierigen Situation angefangen haben, in der viele Krisen aufgetreten sind.
Das ist dann schon etwas schade, weil wir nicht sofort unsere vielen tollen Ideen, die wir uns eigentlich für die nächsten vier Jahre vorgenommen haben, umsetzen können. Statt uns darauf zu konzentrieren, müssen wir nun nebenbei diese Krisen managen. Aber auf der anderen Seite liegt darin durchaus auch eine Chance und Möglichkeit.
TAG24: Inwiefern eine Chance?
Funke: Ich bin viel im europapolitischen Bereich unterwegs und da erleben wir gerade, auch aufgrund dieser schrecklichen Ereignisse, eine ganz neue Geschlossenheit, daraus ergeben sich an der einen oder anderen Stelle ganz neue Möglichkeiten zum politischen Gestalten. Insbesondere dort, wo wir vielleicht noch vor einem halben oder ganzen Jahr gedacht haben, dass wir da eher schwierig unterwegs sind und eher wenige Fortschritte in nächster Zeit haben werden.
Deswegen denke ich, bei all der akuten Krisenbewältigung, die wir haben, dass daraus - zumindest langfristig - nochmal Möglichkeiten erwachsen können, viel mehr zu gestalten. Solche Umbrüche bringen auch immer Möglichkeiten auf Veränderungen mit sich.
Fabian Funke wollte nie Karriere-Politiker werden
TAG24: Du bist ja gerade einmal 24 Jahre alt. Hattest Du je andere Träume als Karriere zu machen?
Funke: Also ich war immer der festen Überzeugung, dass man Politik nicht aus Karrieregründen machen sollte. Politik sollte man nicht aus dem Anspruch machen, ich will irgendwann mal ein Mandat und arbeite wirklich nur in der Politik, um ein Mandat zu bekommen. Für mich war Politik immer eine wunderbare Sache und ich hatte und habe immer noch eine große Lust einfach für Veränderung zu kämpfen, mich für die Dinge einzusetzen, wo ich sage, das geht besser, da müssen wir mehr tun.
Dass das dazu geführt hat, dass ich jetzt dieses wunderbare Amt ausfüllen und hier im Deutschen Bundestag, im Herzen der deutschen Demokratie, mitgestalten darf, ist eine große Ehre. Dieser Ehre will ich auch bestmöglich inhaltlich gerecht werden.
Aber es ist nie Selbstzweck, es geht wirklich immer darum, die eigenen inhaltlichen Vorstellungen, das was einen antreibt, umzusetzen und das kann man glaube ich nirgendwo besser als hier.
TAG24: Was hast Du eigentlich gemacht, bevor Du in den Bundestag eingezogen bist?
Funke: Ich bin mit 24 Jahren noch sehr jung und habe tatsächlich vorher noch studiert. Internationale Beziehungen mit dem Schwerpunkt auf globale politische Ökonomie. Ich hätte mir auch sehr gut vorstellen können, an anderer Stelle politisch, oder auch weniger politisch, mitwirken zu können. Also außerhalb der Politik, außerhalb des Parlamentswesens.
Es gibt ja viele Bereiche, in denen man politisch aktiv sein kann. In einer globalisierten Welt kann man sich auch in NGOs, in zivilgesellschaftlichen Organisationen, aber auch in staatlichen Institutionen einbringen.
Als Europa am Scheideweg stand, entschied sich Funke, in eine Partei einzutreten
TAG24: Hast Du schon in der Grundschule gesagt, als alle Ärzte und Polizisten werden wollten, dass Du mal politisch tätig sein willst?
Funke: Nee! Ich war sicherlich schon immer ein sehr politischer Mensch, in dem Sinne, dass ich mich auf dem Gymnasium schon sehr für politische Fragestellungen interessiert habe, aber nie mit dem Ziel, das irgendwann mal hauptberuflich zu machen. Später gab es einige Ereignisse, die durchaus politisierend waren.
Die Frage der Europäischen Union damals, als die Banken- und Währungskrise losging und sich die Frage stellte, wohin entwickeln wir uns eigentlich und ist das alles überhaupt so zielführend mit der europäischen Integration?
Da gab es schon größere Debatten, wo ich aber immer auch als leidenschaftlicher Europäer und aus tiefer Überzeugung heraus argumentiert habe. Und dann die Geflüchtetenkrise, wo viel Politik in den öffentlichen Raum getragen wurde, weil die Fragestellungen auf einmal so nah waren.
TAG24: Der Grund für Dich, in eine Partei einzutreten?
Funke: Das waren alles so Sachen, die mich dann noch mal ein Stück weit politisiert haben und dann habe ich 2017 die Entscheidung gefällt: Ich möchte der SPD beitreten und in einer Partei Politik machen. Das war für mich persönlich immer der direkteste Weg, Politik auch praktisch umzusetzen. Und von da an hat sich das alles entwickelt. Ich habe an verschiedenen Stellen mitgewirkt, von Stadtebene bis Bundesebene, insbesondere auch bei den Jusos.
Am Ende hat mich das alles heute hierher gebracht.
Fabian Funke entschied sich für die "uncoolen Kids"
TAG24: Warum eigentlich die SPD, die war ja 2017 nicht so sonderlich sexy?
Funke: Also für mich als progressiv denkender Mensch fiel die ein oder andere Partei sowieso schon weg. Am Ende des Tages war das eine Entscheidung, die ich sehr bewusst getroffen habe, auch inhaltlich. Ich finde, dass die SPD am besten in der Lage ist, die verschiedenen großen Fragestellungen zusammen zu denken.
Denn: Alle großen Fragestellungen haben immer auch eine soziale Komponente. Insbesondere in dem Bereich Klimaschutz. Da wird einem häufiger auch die Frage gestellt, Grüne oder SPD und "Warum bist Du jetzt eigentlich in letztere eingetreten? Die Grünen sind eigentlich die coolen Kids!"
TAG24: Und wieso bist Du bei den "uncoolen Kids"?!
Funke: Dieses Zusammendenken von ganz klarer sozialer Politik, dass Transformation eben auch bedeutet, dass diese sozial gedacht wird, weil Menschen eine Perspektive brauchen in Zeiten eines Wandels und dass wir das bei allen Entscheidungen immer mitdenken müssen. Und das macht die SPD, daher bin ich ihr beigetreten.
Das ist für mich der Kern der Sozialdemokratie, die sozialen Gerechtigkeit. Für mich war das schon immer sehr weit oben auf meiner eigenen politischen Agenda und dann war es da auch nur konsequent, die richtige Entscheidung zu treffen und in die Sozialdemokratische Partei einzutreten.
"Da muss man selbstbewusst sagen, dass uns als Generation auch ein Teil dieser Welt zusteht"
TAG24: Wie setzt man sich denn als so junger Mensch in dieser Altpartei SPD durch, um hierherzukommen?
Funke: Ich glaube so „altparteiig“ sind wir am Ende des Tages gar nicht. Auch da hat sich in den letzten zehn, fünfzehn Jahren einiges getan. Ich meine wir haben mit Kevin Kühnert einen Generalsekretär, der war vor gar nicht allzu langer Zeit Juso- Vorsitzender. Wir haben eine Gruppe von 49 Menschen unter 35 in diesem Parlament, das ist mehr als die CSU Abgeordnete hat.
Das sind Bereiche, in denen sich auch ganz personell zeigt, dass es da einen Umbruch gibt und dass die junge Generation in der SPD und die jungen Menschen in der SPD schon eine große Rolle spielen - personell und inhaltlich. Natürlich, man hat nach Außen schon manchmal die Situation, dass Menschen diese Erfahrungskarte spielen von wegen: "Du bist erst 24 und hast eigentlich noch keine Ahnung, wie die Welt funktioniert und machst jetzt was in der Politik?"
TAG24: Was antwortest Du diesen Menschen?
Funke: Da muss man selbstbewusst sagen, dass uns als Generation auch ein Teil dieser Welt zusteht. Die Klimafrage, die Zukunft der Arbeit, das sind beispielhaft zwei Fragen, die unsere Generation ganz konkret für die nächsten 30, 40 Jahre betreffen. Da finde ich es nur richtig und gut, dass auch junge Menschen an der Stelle mitentscheiden. Am Ende des Tages stehe ich auch für diesen Anspruch.
TAG24: Kurzum: Du hast schon manchmal Akzeptanz-Probleme durch Dein Alter?
Funke: (überlegt) Ich glaube, die Frage kann man nicht mit Ja oder Nein beantworten. In der Partei haben wir wie gesagt sehr viele junge Menschen, die auch eine entscheidende Rolle spielen...
Fabian Funke: Man muss sich daran gewöhnen, dass plötzlich andere Leute den eigenen Kalender pflegen
TAG24: Und über die Partei hinaus?
Funke: Ich habe in einem sehr konservativen Wahlkreis kandidiert - unabhängig vom Wahlverhalten, sondern auch von der ganzen Einstellung der Menschen dort. Trotzdem hatte ich in den meisten Fällen positive Begegnungen. Sogar bei den Menschen, die eher konservativ eingestellt sind, war ein bisschen der Gedanke vorhanden "na ja, also wenn da immer nur die Alten entscheiden, ist das irgendwie auch doof, es braucht jetzt auch mal ein paar neue, junge Menschen, die da auch nochmal einen anderen Spirit hereinbringen".
Und genau das ist das, was wir auch versuchen und wo ich das Gefühl habe, dass man das nach außen sieht, dass sich das Parlament verändert hat, mit den vielen jungen Menschen, die da jetzt drin sind. Es gibt jetzt hier eine höhere Sichtbarkeit für junge Menschen. Viele Menschen fanden das auch sehr, sehr gut und haben mich deshalb auch entsprechend gewählt.
TAG24: Als Abgeordneter hast Du auf einmal Angestellte, die für dich arbeiten, ein Wahlkampfbüro, das die Marke „Fabi Funke“ pflegt. Wie kommst Du denn mit dem jungen Chef-Sein klar?
Funke: Wenn man aus einer Welt kommt, in der man studiert und nur für sich allein verantwortlich ist, ist das schon eine Herausforderung. Die Tatsache, dass plötzlich fremde Leute den eigenen Kalender pflegen, ist schon etwas, an das man sich gewöhnen muss. Das ist eine neue Situation, der man sich stellen muss und dann gelingt einem das auch. Das ist etwas, mit dem man lernt umzugehen.
Ich glaube, das ist nicht nur für mich als jungen Menschen, der hier reinkommt, sondern auch für viele andere, auch ältere Kolleg:innen, eine neue Situation, in die man sich hier begibt und man dann bestmöglich ausfüllt.
Welchen Weg nimmt die politische Karriere des Abgeordneten Funke?
TAG24: Hat dich deine Partei eigentlich irgendwie auf die Arbeit hier im Bundestag vorbereitet? Nicht, dass Du in Ehrfurcht erstarrst, wenn Du Karl Lauterbach über den Weg läufst...
Funke: Um in Ehrfurcht vor anderen zu erstarren, sind wir auch ein Stück weit die falschen Menschen. Wir sind hier auch mit dem Selbstbewusstsein hereingekommen, nicht nur die Neuen zu sein, die sich erstmal ganz hinten dazusetzen und mal zugucken, was da jetzt passiert. Der Anspruch ist, dass wir eben ganz konkret mitgestalten.
Klar gibt es eine kurze Eingewöhnungsphase, weil es natürlich schon ein sehr besonderes Umfeld in vielerlei Hinsicht ist. Aber auf der anderen Seite muss ich auch sagen, dass ich vorher schon auf Landes- und Bundesebene politisch aktiv war und ich daher bei diesen politischen Prozessen eben nicht ganz grün hinter den Ohren war.
TAG24: Nimmt man dich hier ernst?
Funke: (Selbstbewusst) Ja.
TAG24: Wie sieht es eigentlich aus in vier, in acht oder in zwölf Jahren? Sprechen wir dann mit dem Herrn Minister, dem Spitzenkandidaten Funke? Wie soll Deine Karriere weitergehen?
Ich würde bei dieser Frage da weitermachen, wo ich bei der Frage, wie man Karriere-Politiker wird, aufgehört habe. Ich bin der festen Überzeugung, dass das hier ein Mandat auf Zeit ist, dass wir hier sind, um Inhalte umzusetzen und für inhaltliche Anliegen einstehen sollten. Ich finde es gut, dass es für eine gewisse Zeit ist und ich glaube, man tut gut daran, als junger Politiker nicht mit einem gewissen Karriereplan durch die Gegend zu laufen, der sich auf die eigene Person konzentriert. Ich will hier gute Arbeit machen, ich will die Themen, die mir besonders wichtig sind, hier in diesem Haus voranbringen. Wohin das am Ende führt, wird sich zeigen.
Hinweis: Am Mittwoch folgt hier auf TAG24 ein weiteres Interview mit unseren Jung-Politikern. Diesmal im Gespräch: Heidi Reichinnek von den Linken.
Titelfoto: Holm Helis