Ratlosigkeit und Überforderung: "Exakt" stellt Schule auf den Prüfstand
Thüringen/Sachsen - Es ist nichts Neues, dass die Schulen Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens von einigen Problemchen geplagt werden. Doch wie groß diese wirklich sind und was verändert werden muss, um Schülern gute Bildung zu gewährleisten, zeigt "Exakt - Die Story" in "Sackgasse Schule - Leistung im freien Fall".
Zwischen Lehrermangel, fallender Schülerleistungen und einem unglaublichen Ausmaß an Ausfällen: "Exakt - Die Story" zeigte am Mittwoch die schockierende Realität des Schulsystems.
"Wir konnten manche Fächer gar nicht anbieten", erklärt Daniel Amonat, Direktor der Petrischule in Mühlhausen. "Wir haben das so hingekriegt, wenn alle Lehrkräfte da sind, steht der Stundenplan, aber wenn Krankheiten auftreten, fällt das Kartenhaus zusammen."
Fächer, wie Musik oder Geografie in bestimmten Klassenstufen, habe er an seiner Schule zeitweise überhaupt nicht anbieten können.
Insgesamt käme er auf eine dreistellige Anzahl an Ausfallstunden.
Doch damit sei die Petrischule in ganz Mitteldeutschland keine Ausnahme, wie aus der Doku hervorgeht. Seit Jahren steige die Zahl ausgefallener Stunden kontinuierlich an.
Doch wo bleibt der Nachwuchs?
"Man sieht die Demotivation in den Augen, auf jeden Fall", so Andrei Vesa.
Der 26-Jährige arbeitet erst seit Kurzem an einer Grundschule in Erfurt. Er habe einige Freunde, die gerade die unterschiedlichsten Phasen des Studiums bewältigen.
"Wenn sie dann hören, wie's dann so weitergeht...", sagt er lachend.
Auch wenn die Anzahl an Studienanfängern sowohl in Leipzig, als auch in Erfuhrt hoch bleibe, breche ein Fünftel der angehenden Lehrkräfte bereits das Studium ab.
Von dem Rest würden nur zwei Drittel ein Referendariat beginnen, was aber noch keinen neuen Lehrer verspricht.
Andrei Vesa spricht begeistert von seinem Beruf. Doch fühle auch er sich von dem System im Stich gelassen, was ihn eigentlich so dringend braucht.
Auch Thüringens Bildungsminister Helmut Holter weiß, dass jeder neue Lehrer mit frischen Ideen eine Bereicherung für das Schulsystem ist.
Allerdings sehe die Realität anders aus: Schulämter würden Stellen hin und herschieben und eine große Zahl an Lehrkräften müsse sich nach dem Referendariat zunächst arbeitslos melden.
Diejenigen, die eine Stelle bekommen, erführen erst kurz vor Schulbeginn, wohin es sie verschlägt und würden teilweise nur befristet eingestellt. Umstände, die neue Lehrkräfte frustrieren.
Die Schüler brauchen Veränderung
Doch sind es letztendlich die Schüler, die unter dem Chaos leiden.
Immer mehr Grundschüler würden den Anforderungen ans Lesen nicht gerecht und viele Bewerber seien am Ende der Sekundarstufe so gering qualifiziert, dass die Betriebe sie nicht einstellen können.
Eine Reform sei dringend notwendig.
Eine Schule, die einiges anders macht, ist die Hans Settegast Schule in Bad Köstritz. Innerhalb eines Jahres warf die Schule das Konzept des Frontalunterrichts über den Haufen.
In Lern-Ateliers erarbeiten sich die Schüler den Stoff nun selbst. Den Druck durch Noten gibt es nicht mehr. Stattdessen werden die Tests mit "bestanden" und "nicht bestanden" bewertet.
Für Eltern sei das neue Konzept der Schule aber noch schwer nachzuvollziehen.
"Eltern sind so sozialisiert, wie wir. Schule muss so funktionieren, dass zu einer festen Zeit, in einem festen Raum, eine feste Person, einer festen Lerngruppe im gleichen Alter genau dasselbe erzählt", erklärt Maik Poser, Direktor der Schule.
"Wir verkennen, dass die Leistungen unserer Schüler im freien Fall sind. Das passt nicht mehr zu den gesellschaftlichen Ansprüchen, die wir haben."
"Sackgasse Schule - Leistung im freien Fall" steht in der MDR-Mediathek kostenlos zum Streamen zur Verfügung.
Titelfoto: Bildmontage: MDR/Robert Löwig, MDR/Juliane Maier-Lorenz