Historischer Moment: Letzte AKWs gehen in Deutschland vom Netz

Berlin - Der Stichtag steht bevor: Am morgigen Samstag sollen die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz gehen. Damit endet hierzulande das Zeitalter der Atomkraft, die gesellschaftlich und politisch immer wieder für Debatten gesorgt hat.

Aktivisten der Anti-Atom-Bewegung projizieren eine große Anti-Atom-Sonne auf den Kühlturm des Atomkraftwerkes Emsland.
Aktivisten der Anti-Atom-Bewegung projizieren eine große Anti-Atom-Sonne auf den Kühlturm des Atomkraftwerkes Emsland.  © dpa/Lars Klemmer

Selbst einen Tag vor dem wohl endgültigen Atomausstieg stemmte sich die Union noch mal gegen die Abschaltung der letzten Kraftwerke. "Morgen ist ein schlechter Tag; es ist ein schwarzer Tag für Deutschland", sagte CDU-Chef Friedrich Merz (67) am Freitag dem Hörfunksender NDR Info.

Die Meiler Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 hätten eigentlich schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die drei letzten Kraftwerke über den Winter weiterlaufen zu lassen. Am Samstag müssen sie nun entsprechend dem geänderten Atomgesetz endgültig heruntergefahren werden. Damit endet nach mehr als 60 Jahren die Stromgewinnung aus Atomkraft in Deutschland.

Die FDP monierte ebenfalls die Abschaltung und pochte darauf, dass nukleare Energie nachhaltig und gut fürs Klima sei. Nach Ansicht von Umweltministerin Steffi Lemke (55, Grüne) ist Atomkraft jedoch keine gute Option für die Klimarettung. "Denn sie ist zu teuer, zu langsam, zu gefährlich und wegen des enormen Kühlwasserbedarfs nicht robust gegen die Klimakrise", sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.

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"Atomkraft ist weder CO2-frei, noch ist sie die CO2-ärmste Art der Energieerzeugung. Denn gerade die energieintensive Brennstofferzeugung ist klimaschädlich." Hinzu kämen massive Umweltschäden und soziale Folgen beim Uranabbau.

Kommt es zu einer Verknappung des Stromangebots?

Auch das AKW Isar 2 hat ausgedient.
Auch das AKW Isar 2 hat ausgedient.  © dpa/Armin Weigel

Während die Debatte politisch in den vergangenen Tagen immer wieder schwelte, haben sich die Betreiber lange im Voraus auf den Stichtag vorbereitet. Am Samstag wird die Leistung der Reaktoren kontinuierlich gesenkt. Danach wird der Generator vom Stromnetz genommen und der Reaktor komplett abgeschaltet.

Der Abschaltvorgang funktioniere wie bei den regelmäßigen Überprüfungen, erläuterte der Kraftwerksleiter des bayrischen Meilers Isar 2, Carsten Müller. Nach der Netztrennung werde der Reaktor heruntergefahren, sagte Müller. "Das dauert etwa eine Viertelstunde." Die Abschaltung des letzten Werks wird kurz vor Mitternacht erwartet, welches das letzte sein wird, ist unklar.

Sind die Meiler erst mal vom Netz, wird es aus Sicht der energieintensiven Industrie zu einer Verknappung des Stromangebots kommen. "Sich nur auf Stromimporte aus dem europäischen Ausland zu verlassen, ist hochriskant", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft, Christian Seyfert. Wenn die Abschaltungen der Kernenergie langfristig ohne Kollateralschäden überstanden werden sollten, müssten die notwendigen Maßnahmen zu Ausbau und Flexibilisierung der Netze schneller vorangebracht werden.

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Wirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne) bekräftige jedoch, dass aus seiner Sicht die Energieversorgungssicherheit in Deutschland auch nach dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke gewährleistet bleibt. Vor allem der massive Ausbau der erneuerbaren Energien sorge für Sicherheit.

Titelfoto: dpa/Lars Klemmer

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