Handy-Sucht im Bundestag: Einer spricht, alle glotzen!
Berlin - In diesem Wochenrückblick lässt TAG24-Redakteur Malte Kurtz (28) die politischen Highlights Revue passieren und betrachtet die Entwicklungen in Deutschland sowohl kritisch als auch mit einem Augenzwinkern.
Alle gegen die Ampel hieß es wieder einmal in der ersten Sitzungswoche im Bundestag nach der Sommerpause.
Auf das Angebot für einen "Deutschland-Pakt" von Piraten-Kanzler Olaf Scholz (65, SPD) wurde ebenso eingetreten wie auf das verabschiedete Heizungsgesetz und den Haushaltsentwurf.
Was im Rahmen der hitzigen Debatten im Parlament immer wieder auffällt, ist, dass fast alle Abgeordneten, bis auf den Redner und dessen Parteiangehörige, einfach desinteressiert am Handy gammeln.
Während es Vorwürfe und Kritik hagelt, scrollt die gesamte anwesende Regierungsbank mit ihren Fingern über die Bildschirme. Gegenüber, auf den Plätzen im Plenarsaal, sieht es nicht besser aus. So war das mit der Digitalisierung nicht gemeint.
Getoppt hat dieses Verhalten meiner Meinung nach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU), der während der Sondersitzung zum Fall Hubert Aiwanger (52, Freie Wähler) im Landtag gefühlt nicht einmal vom Handy hochblickte, geschweige denn das Wort ergriff.
Was schauen sich Abgeordnete während einer wichtigen Sitzung eigentlich an?
Da kommt mir die Diskussion um ein Handy-Verbot in Schulen in den Sinn. Smartphones im Unterricht würden die Schüler ablenken, hieß es oftmals.
Vielleicht sollte man mal über ein Handy-Verbot während Parlamentssitzungen nachdenken. Was schauen sich die gewählten Volksvertreter überhaupt an, frage ich mich in solchen Situationen immer.
Spielen die alle "Clash of Clans" und verteidigen ihre Basis? Hat "Candy Crush" ein neues Update oder schickt man dem Sitznachbarn ein paar lustige Memes?
Klar, inzwischen ist es ganz natürlich, wenn jeder in Bus oder Bahn vertieft ins Handy starrt, und die Politiker sind auch nur Menschen, die in ihrer "Bubble" leben.
Aber sie symbolisieren dadurch ein unfassbares Desinteresse an Gegenpositionen, und das kann einer Demokratie nicht guttun.
Der Post der Woche!
Mit dem ersten Bild nach seinem Unfall beim Joggen ging der deutsche Kanzler um die Welt und sorgte für unzählige Memes.
Passend dazu veröffentlichte "The Economist" den Artikel "Der kranke Mann Europas", oder war damit doch die Wirtschaft gemeint?
Die nächste Episode des politischen Wochenrückblicks folgt. Denn wenn eines in der Bundesrepublik sicher ist, dann, dass unsere Parteien und Politiker gern einmal für Kopfschütteln innerhalb der Bevölkerung sorgen.
Titelfoto: Bildmontage: Kay Nietfeld/dpa, Screenshot/Youtube/Deutscher Bundestag