Warum der Buß- und Bettag in Sachsen noch immer ein Feiertag ist
Auch 2024 wird an einem Mittwoch gegen Ende November der Buß- und Bettag begangen. Dieses Jahr fällt der Termin auf den 20. November. Und obwohl er nur noch im Freistaat Sachsen ein arbeitsfreier Feiertag ist, hat er auch in allen anderen Bundesländern nicht an Bedeutung verloren.
Der Buß- und Bettag gilt neben dem Aschermittwoch und dem Karfreitag als einer der drei wichtigen, offiziellen Bußtage innerhalb des Kirchenjahres, an dem die Menschen gemeinsam über begangene Sünden bzw. Fehler nachdenken, die sowohl die gesamte Bevölkerung als auch jeder einzelne begangen hat.
So nutzen viele Gemeinden den Feiertag als Gelegenheit, um auf aktuelle gesellschaftliche Probleme hinzuweisen und möchten die Menschen dazu anhalten, sich mit Themen wie beispielsweise Ausländerhass, Umweltzerstörung oder der Ausgrenzung benachteiligter Personengruppen auseinanderzusetzen.
Sachsen ist dabei zwar das einzige Bundesland, wo die Arbeitnehmer arbeitsfrei haben und alle Geschäfte geschlossen bleiben, dennoch ist der Buß- und Bettag immer noch in ganz Deutschland ein Feiertag.
Somit wird der evangelische Feiertag nicht nur in Sachsen festlich begangen, sondern vielerorts in allen anderen Bundesländern - nur eben erst nach Arbeitsende.
In welchen Bundesländern ist der Buß- und Bettag noch ein Feiertag?
Buß- und Bettag als Feiertag in Sachsen
Sachsen ist das einzige Bundesland in Deutschland, in dem der Buß- und Bettag heutzutage noch ein gesetzlicher Feiertag ist. Somit haben sowohl sächsische Arbeitnehmer als auch Schüler an diesem Mittwoch im November frei. Sämtliche Geschäfte bleiben in Sachsen demzufolge geschlossen.
Regelungen im Allgemeinen
Allerdings besteht auch für die Arbeitnehmer in den meisten anderen Bundesländern die Möglichkeit, sich mit der Begründung hinsichtlich ihrer Religion und den damit verbundenen Verpflichtungen, Praktiken bzw. Traditionen, an diesem Tag unbezahlt freizunehmen.
Regelungen in Bayern und Berlin
Während alle Schüler in Bayern unterrichtsfrei haben, nutzen die Lehrkräfte die Zeit häufig für einen pädagogischen Tag. Außerdem bleiben am Buß- und Bettag viele Kindergärten in Bayern geschlossen, wodurch die betroffenen Eltern oft dazu gezwungen sind, einen Urlaubstag zu nehmen.
In Berlin steht es schulpflichtigen Kindern, die der evangelischen Religion angehören, frei, an diesem Tag die Schule zu besuchen.
Warum wurde der Buß- und Bettag abgeschafft?
Abgeschafft im Zuge der Pflegeversicherung
Nach der Wiedervereinigung war der Buß- und Bettag ab 1990 ein deutschlandweiter gesetzlicher Feiertag. Allerdings wurde bereits vier Jahre später beschlossen, den arbeitsfreien Tag zugunsten der Arbeitgeber durch die neu eingeführte Pflegeversicherung 1995 wieder abzuschaffen.
Über die Notwendigkeit einer Pflegeversicherung war man sich in der Politik schnell einig. Schließlich wusste man damals schon, dass die Lebenserwartung der Menschen weiter ansteigen und sich in diesem Zusammenhang auch die Pflegebedürftigkeit erhöhen würde.
In diesem Falle mussten die Betroffenen Sozialhilfe beanspruchen. Ziel der Pflegeversicherung sollte es also sein, die Versicherten gegen dieses Lebensrisiko abzusichern.
Allerdings wurde länger über die Finanzierung des neuen Sozialversicherungszweiges diskutiert. Schließlich einigte man sich darauf, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils zu gleichen Teilen einen bestimmten Prozentsatz vom Bruttolohn in die Pflegeversicherung einzahlen.
Im Gegenzug waren die einzelnen Bundesländer dazu angehalten, einen bezahlten Feiertag zu streichen. Der Gedanke dahinter war, die Arbeitgeber durch einen Tag mehr Arbeit in ihren Ausgaben zu entlasten. Die Wahl fiel dabei auf den Buß- und Bettag.
Eine Ausnahme bildete - und ist es immer noch - Sachsen. Hier müssen die Arbeitnehmer im Vergleich zum restlichen Bundesgebiet 0,5 Prozent mehr Pflegebeitrag bezahlen.
Schon gewusst? Lange Zeit galt der damalige Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (1930 bis 2021, CDU) als alleiniger Retter des Buß- und Bettages für den Freistaat Sachsen. Allerdings soll er Jahre später in einem Interview zugegeben haben, dass er bei der entscheidenden Abstimmung gar nicht anwesend war. Vielmehr waren es die Abgeordneten der CDU-Fraktion, die sich vor allem wegen seiner religiösen Bedeutung gegen die Abschaffung des Feiertages entschieden.
Warum feiert man Buß- und Bettag?
Wo liegen die Wurzeln des religiösen Feiertages und wie hat er sich im Laufe der Zeit in den verschiedenen Regionen innerhalb Deutschlands entwickelt?
Ursprung des Buß- und Bettages
Seinen Ursprung hat der Buß- und Bettag bereits in der Antike. So sollten die Götter in Krisenzeiten durch eine spezielle Sühne besänftigt werden.
Der evangelische Feiertag, so wie man ihn heutzutage kennt, lässt sich demnach nicht unbedingt auf die Kirche zurückführen. Vielmehr legten weltliche Herrscher bei drohenden Katastrophen oder anderen bevorstehenden Notlagen spezielle Bußtage fest, in der Hoffnung, die Gefahr dadurch abwenden zu können.
Später wurden die Bußtage von der evangelischen Kirche aufgenommen. Sie veranstaltete ihren ersten Buß- und Bettag 1532 in Straßburg, und zwar auf Erlass des Kaisers hinsichtlich einer als sogenannten Türkengefahr eingeschätzten Bedrohung.
Bedeutung des Buß- und Bettages
Der Grundgedanke des Buß- und Bettages besteht darin, zu reflektieren, was im vergangenen Jahr passiert ist, sowohl gesellschaftlich als auch privat. So sollte jeder darüber nachdenken, wo man sich selbst vielleicht falsch verhalten hat und was man hätte anders machen können.
Es soll dabei keineswegs darum gehen, sich selbst oder jemand anderen für eventuell begangene Fehler zu bestrafen, sondern vielmehr darum, die eigene Schuld zu erkennen, Verantwortung dafür zu übernehmen und um Vergebung zu bitten.
Nicht zuletzt wird jeder Gläubige dazu angehalten, sich an verstorbene Menschen zu erinnern und sich auf seine Verbindung zu Gott zu besinnen. Gleichzeitig soll die Beziehung zu Mitglaubenden gestärkt werden.
Entwicklung über die Jahrhunderte
Früher gab es in den verschiedenen Regionen Deutschlands mehrere, unterschiedliche Termine für Buß- und Bettage. Schließlich wurde erstmals im Jahr 1852 von der Eisenacher Konferenz evangelischer Kirchenleitungen ein einheitlicher Buß- und Bettag am Mittwoch vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr angeregt.
Während Preußen diesem Vorschlag nachging und ihn am 12. März 1893 zum Gesetz erhob, wurde er erst im Zuge des "Reichsgesetzes über die Feiertage" vom 27. Februar 1934 zum gesetzlichen Feiertag im gesamten Deutschen Reich.
Für die Dauer des Zweiten Weltkrieges wurde der Buß- und Bettag als gesonderter Feiertag zeitweilig gestrichen und stattdessen auf einen Sonntag verlegt. Nach Kriegsende wurde er deutschlandweit wieder eingeführt.
Eine Ausnahme stellte Bayern dar. Hier konnte man den Buß- und Bettag schließlich ab 1952 wieder feiern, das allerdings nur in Regionen mit überwiegend evangelischer Bevölkerung. Erst ab 1981 wurde er auch in vorrangig katholisch besiedelten Regionen wieder als gesetzlicher Feiertag anerkannt.
In der ehemaligen DDR wurde der Buß- und Bettag im Zusammenhang mit der Einführung der 5-Tage-Woche im Jahr 1967 dagegen abgeschafft und erst nach der Wiedervereinigung 1990 aufs Neue eingeführt, sodass er ab diesem Zeitpunkt in ganz Deutschland gesetzlicher Feiertag war.
1995 wurde der evangelische Feiertag im Rahmen der neu eingeführten Pflegeversicherung jedoch bereits wieder gestrichen. Eine Sonderstellung bildet der Freistaat Sachsen, wo der Buß- und Bettag bis heute beibehalten wird.
FAQ: Das musst Du noch über den Buß- und Bettag wissen.
Wann ist der Buß- und Bettag 2024?
Der aktuelle Termin für den Buß- und Bettag ist der 20. November 2024.
Generell wird der evangelische Feiertag jedes Jahr an einem Mittwoch begangen, der vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres liegt und elf Tage vor dem ersten Advent. Das genaue Datum variiert also von Jahr zu Jahr.
Was bedeutet der Buß- und Bettag für Schüler in Sachsen?
Da der Buß- und Bettag in Sachsen ein gesetzlicher Feiertag ist, haben die Schulen an diesem Tag geschlossen. Dies ermöglicht den Schülern, den Tag für persönliche Besinnung oder familiäre Aktivitäten zu nutzen.
Im Übrigen haben auch die Schüler in Bayern und - bei entsprechender Religionszugehörigkeit auf Wunsch - in Berlin schulfrei.
Wie wird der Buß- und Bettag gefeiert?
In der Regel wird der Feiertag mit Gottesdiensten, Andachten und besonderen Gebeten begangen. Viele Gemeinden nutzen diesen Tag, um über persönliche und gesellschaftliche Themen nachzudenken und um für Frieden und Versöhnung zu beten.
Welche Bedeutung hat der Buß- und Bettag in der heutigen Zeit?
Der Buß- und Bettag hat auch heute noch eine wichtige religiöse Bedeutung. Er bietet die Gelegenheit zur Reflexion über das eigene Leben, zur Umkehr und zur Stärkung des Glaubens. Viele Menschen nutzen diesen Tag, um innezuhalten, über ihre eigenen Werte nachzudenken und sich mit ihrer Gemeinschaft zu verbinden.
Ist der Buß- und Bettag ein stiller Feiertag und was bedeutet das?
Ja, der Buß- und Bettag zählt zu den stillen Feiertagen und unterliegt daher einem besonderen Schutz. So gilt in einigen Bundesländern (z. B. Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt) und Gemeinden ein Tanzverbot. Sonstige Veranstaltungen dürfen je nach landesgesetzlicher Regelung nur stattfinden, wenn sie dem ernsten Charakter dieses Feiertages nicht widersprechen.
Der Buß- und Bettag ist seit vielen Jahrhunderten ein fester Bestandteil des Christentums, wurde jedoch erst 1934 zum gesamtdeutschen Feiertag erklärt. Auch wenn er lediglich im Freistaat Sachsen noch als arbeitsfreier, bezahlter Feiertag gilt, wofür die sächsischen Arbeitnehmer allerdings einen um 0,5 Prozentsatz höheren Pflegeversicherungsbeitrag in Kauf nehmen müssen, als der Rest der Bevölkerung, wird der Buß- und Bettag in ganz Deutschland festlich begangen und soll zum Nachdenken anregen.
Titelfoto: 123Rf/olegdudko