Am Sonntag wird wieder an der Uhr gedreht: Psychische Probleme als Folge der Zeitumstellung?
Leipzig - In der Nacht zum Sonntag wird wieder einmal an der Uhr gedreht: Um drei Uhr morgens werden die Uhren um eine Stunde von der Sommerzeit auf die mitteleuropäische Zeit (MEZ) zurückgestellt. Dann ist es morgens wieder früher hell und dafür nachmittags eher dunkel. Viele Menschen haben von dem Hin und Her aber genug und befürworten ein Ende der Zeitumstellung.
ZEITUMSTELLUNG BEI MEISTEN DEUTSCHEN UNBELIEBT
Dass der Sonntag mit der Zeitumstellung eine Stunde länger ist, dürfte die meisten Menschen zwar kaum stören. Allerdings ist die Umstellung auf Sommerzeit im Frühjahr und auf Normalzeit im Herbst unbeliebt, wie Umfragen regelmäßig zeigen.
So befürworteten in einer im vergangenen Jahr erstellten Erhebung der Krankenkasse DAK-Gesundheit 78 Prozent die Abschaffung der Zeitumstellung. 30 Prozent der Befragten hatten nach eigenen Angaben schon einmal gesundheitliche oder psychische Probleme nach der Zeitumstellung.
ZWEIFEL AN ENERGIEERSPARNIS
Kritiker der Zeitumstellung führen neben gesundheitlichen Belastungen ins Feld, dass diese ihren ursprünglichen Zweck nicht erfüllt. Eigentlich sollte das Vorstellen der Uhr im Frühjahr zum Energiesparen in der hellen Jahreszeit beitragen.
Die Überlegung: Wenn sich der Tag um eine Stunde nach vorn verschiebt, wird weniger Beleuchtung und damit weniger Strom verbraucht. Doch Energiespareffekte sind laut Analysen kaum nachweisbar.
Nicht alle EU-Staaten befürworten Zeitumstellung
NEUE EU-REGELUNG NICHT IN SICHT
Innerhalb der EU wird über eine Abschaffung der Zeitumstellung spätestens seit dem Sommer 2018 konkret diskutiert. Damals sprachen sich bei einer EU-weiten Onlinebefragung 84 Prozent der Teilnehmer gegen die regelmäßige Zeitumstellung aus, wobei die Beteiligung in Deutschland besonders hoch war.
Wann die EU entsprechende Pläne umsetzt, ist aber noch nicht absehbar.
VORHABEN KÖNNTE OHNE EINIGUNG SCHEITERN
Die erforderliche Abstimmung unter den Mitgliedsstaaten lässt weiter auf sich warten. Laut EU-Kommission liegt der Ball zunächst einmal im Feld der Mitgliedstaaten. Die 27 Länder streiten aber darüber, wie der Wegfall der Zeitumstellung genau umgesetzt werden soll. Und ohne Einigung kann das ganze Vorhaben sogar noch scheitern.
Im Lauf der anhaltenden Debatten kristallisierte sich unter anderem auch heraus, dass manche EU-Staaten – Portugal etwa – grundsätzlich gegen das Ende der Zeitumstellung sind.
Schlaf- und Konzentrationsmangel als Folgen der Zeitumstellung?
WISSENSCHAFTLER UND LEHRER GEGEN UMSTELLUNG AUF DAUERHAFTE SOMMERZEIT
Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin befürwortet in der Debatte eine Beibehaltung der Normalzeit – also der Winterzeit.
Das Tageslicht und darin wiederum insbesondere der Blauanteil des Sonnenlichts sei der "Hauptzeitgeber" für die sogenannte innere Uhr des Menschen und maßgeblich für den Wach-Schlaf-Rhythmus. All dies wird den Experten zufolge am besten durch die Winterzeit gewährleistet.
Durch Umstellung auf Sommerzeit drohe hingegen ein Schlafmangel, der zu Konzentrations- und Leistungseinbußen sowie mehr Unfällen führe. Auch der Deutsche Lehrerverband fürchtet für den Fall einer dauerhaften Umstellung auf Sommerzeit gesundheitliche Gefahren für Schüler.
TECHNISCH LÄNGST ROUTINE
Rein technisch ist der Zeitwechsel unproblematisch. Taktgeber für die Zeit sind in Deutschland die Atomuhren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Über Sender werden die Signale übertragen, durch die sich die Funkuhren automatisch an die Zeitumstellung anpassen. Auch für die Deutsche Bahn ist die Zeitumstellung längst Routine.
Titelfoto: Christoph Soeder/dpa