3,90 Euro mehr pro Bierkasten: Pfandtouristen kassieren in Österreich ab
Von Matthias Röder, Christof Rührmair
München - Ein leerer Kasten Bier samt Flaschen bringt in Österreich seit Kurzem mehr als doppelt so viel Pfand wie in Deutschland. Das sorgt für Probleme und heizt eine alte Diskussion neu an.

Der Tanktourismus an der deutsch-österreichischen Grenze hat einen Bruder bekommen: den Pfandtourismus!
In Österreich bringt ein Kasten mit 20 leeren Mehrwegflaschen seit Anfang Februar 3,90 Euro mehr als in Deutschland. Das wird bereits leidlich ausgenutzt, teilweise sollen schon ganze Anhänger mit Kästen über die Grenze gefahren worden sein.
Was Verbrauchern als Schnäppchen erscheint, kostet Handel und Brauer bares Geld und heizt die Debatte über eine Pfanderhöhung in Deutschland neu an.
Konkret hat die österreichische Brauwirtschaft das Flaschenpfand von bisher 9 auf 20 Cent erhöht. In Deutschland liegt es bei 8 Cent. Zudem ist schon seit längerer Zeit das Bierkastenpfand in Österreich mit 3 Euro doppelt wie beim Nachbarn.
Einer normalen Pfandflasche sieht man aber weder an, auf welcher Seite der Grenze sie verkauft wurde, noch von welcher Brauerei sie kommt. Wohin die leeren Flaschen aus dem Handel zurückgehen, wird daher meist durch die in der Regel brauereispezifischen Bierkästen bestimmt.
Das Problem trifft also jene Brauer und Getränkehersteller, die auf beiden Seiten der Grenze verkaufen. Wird einer ihrer Kästen samt Flaschen in Deutschland gekauft und in Österreich zurückgegeben, fehlen in ihrer Tasche genau die 3,90 Euro, die der Kunde gewinnt.
Pfandtourismus auf Kosten der Brauereien: "Da versuchen Leute, sich zu bereichern"

Noch ist der Effekt neu, doch die Brauereien sind bereits alarmiert. "In den ersten Tagen war die Tendenz katastrophal", sagt Christian Thiel von der Brauerei Schönramer in Petting.
"Da versuchen Leute, sich zu bereichern, auf Kosten der Brauerei und des Handels. Ich kenne einen Fall, da ist jemand mit einem Anhänger mit 50 Kästen bei einem kleinen Getränkemarkt vorgefahren. Der hat das aber nicht angenommen."
In diese Richtung weist auch der Verband der Brauereien Österreichs. "Das Vorfahren mit einem Anhänger voller Kästen könnte schiefgehen", sagt Sprecher Florian Berger. Händler hätten das Recht, nur haushaltsübliche Mengen an Flaschen und Kästen zurückzunehmen.
Die Brauer in Österreich haben mit der deutlichen Erhöhung des Pfands ein Zeitfenster genutzt. Nach der Einführung eines Pfands auf Plastikflaschen und Dosen von 25 Cent zum Jahreswechsel habe unter den 350 meist kleinen Brauern Einigkeit geherrscht, dass man jetzt auch die Bierflasche wertvoller machen müsse, sagt Verbandssprecher Florian Berger.
Neues Pfand in Deutschland? Blick nach Österreich könnte helfen

Die Erhöhung des Pfands entspreche in etwa dem Wiederbeschaffungswert einer Flasche.
Auch in Deutschland schwelt seit Jahren eine Debatte über eine Pfanderhöhung. Hintergrund ist, dass das Pfand seit Jahrzehnten nicht erhöht wurde und immer noch bei den 8 Cent liegt. Dabei kosten Leergut und Kästen in der Beschaffung längst sehr viel mehr.
Der Deutsche Brauer-Bund sieht hier im Moment aber wenig Chancen, weil eine Erhöhung "nur sehr schwer umzusetzen" wäre.
Titelfoto: Amelie Geiger/dpa