Genervt von Sahra Wagenknecht: Linken-Chefin fordert Entscheidung
Berlin - Bereits nach der Ankündigung von Sahra Wagenknecht (53, Die Linke) vor wenigen Tagen, über die Gründung einer eigenen Partei nachdenken zu wollen, reagierte Co-Parteichefin Janine Wissler (41, Die Linke) entsetzt. Jetzt stellt die 41-Jährige die vielleicht bald schon politisch-konkurrierende Volksvertreterin vor die Wahl: Spiel für unser Team oder verschwinde!
"Sie muss Klarheit schaffen – und zwar nicht erst in neun Monaten", sagte Wissler im Gespräch mit Welt.
Die ungeduldige Politikerin will nicht mehr bis zum Ende dieses Jahres warten und der "Die Selbstgerechten"-Autorin damit den Spielball überlassen.
"Entweder sie ist Mitglied dieser Partei und arbeitet mit für deren Erfolg. Dann spekuliert man nicht alle zwei Tage über ein anderes Projekt. Oder sie kehrt der Partei den Rücken."
Abwenden wird sich die Rebellin vermutlich früher oder später sowieso, nach eigener Auskunft will Wagenknecht zukünftig nicht erneut für die Linke kandidieren.
Laut der Linken-Chefin ist die selbsternannte "Friedensaktivistin" bereits jetzt schon nicht mehr zur Gemeinschaftsarbeit imstande:
"Man sollte nicht dauernd und öffentlich die eigene Partei infrage stellen, die geschlossen gegen das Bundeswehr-Sondervermögen gestimmt hat und an der Seite von Hartz-IV-Empfängern und Streikenden steht."
Daran, dass die 53-jährige Wagenknecht wirklich eine eigene Partei auf die Beine stellt, glaubt Wissler jedoch nicht wirklich: "Ich habe meine Zweifel, ob das geschehen wird."
Kleine Partei, große Krise
Der innerparteiliche Konflikt bereitet den Linken großes Kopfzerbrechen.
Seit Jahren wirft die migrationskritische Wagenknecht ihren Parteikollegen vor, Identitätspolitik zu betreiben, anstatt sich auf den "wirklichen" Kampf für soziale Gerechtigkeit zu besinnen.
Mit Identitätspolitik meint die kritische 53-Jährige, den Fokus auf bestimmte Gesellschaftsgruppen wie Angehörige einer ethnischen Minderheit.
Doch nicht nur aufgrund der inhaltlichen Differenzen stecken die Linken zurzeit im Krisenmodus, der Partei macht auch die Wahlrechtsreform der Ampel gehörig zu schaffen.
Das Parlament beschloss zuletzt, dass künftig nur noch 630 Abgeordnete einen Platz im Deutschen Bundestag finden sollen.
Durch eine Streichung der Grundmandatsklausel können Parteien, die drei Direktmandate erlangen und unter fünf Prozent Zweitstimmen erhalten, somit nicht mehr in das Parlament einziehen.
Die Linke hatte es bei der letzten Bundestagswahl nur durch diese Bedingung geschafft, ihren Weg nach Berlin zu finden, da sie 2021 knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte.
Titelfoto: dpa/Hannes P. Albert