Deutsche Politik trauert um Wolfgang Schäuble (†81): "Platz in den Geschichtsbüchern ist ihm gewiss!"
Berlin - Mit Wolfgang Schäuble (†81) verstarb am Dienstag eine große Persönlichkeit der deutschen Politik. Mit ehrenvollen Worten nehmen ehemalige Kollegen und Wegbegleiter nun Abschied vom Ex-Bundestagspräsidenten und -Finanzminister.
"Wolfgang Schäuble hatte die Fähigkeit, weit über den Tag hinaus große politische Entwicklungen zu erkennen und zu gestalten. Ich trauere um einen Politiker, der unser Land in vielfältiger Weise geprägt hat. Er gehörte zu den Architekten der Deutschen Einheit", sagt die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (69, CDU).
In der Ära Merkel war Schäuble ab 2005 zunächst Bundesinnenminister, ehe er zwischen 2009 und 2017 das Finanzministerium übernahm. "Ich bewunderte seine Disziplin, auch sich selbst gegenüber, die er trotz und mit seiner Querschnittlähmung nach einem Attentat aufbrachte", erinnert sich Merkel an ihren langjährigen Minister.
Auch der aktuelle Bundeskanzler, Olaf Scholz (65, SPD), bekundet sein Mitgefühl zum Tod Schäubles:
"Mit ihm verliert Deutschland einen scharfen Denker, leidenschaftlichen Politiker und streitbaren Demokraten. Meine Gedanken sind heute bei seiner Familie."
Im Laufe seiner politischen Karriere war Schäuble lange Zeit Fraktionsvorsitzender der Union sowie auch Vorsitzender der CDU. Diese Ämter bekleidet heute Friedrich Merz (68), der nicht nur um einen großen Politiker seiner Partei trauert, sondern auch um ein persönliches Vorbild: "Ich verliere mit Wolfgang Schäuble meinen engsten Freund und Ratgeber, den ich in der Politik je hatte. Meine Gedanken sind bei seiner Familie, insbesondere seiner Frau Ingeborg."
Schäubles politische Karriere: Innenminister zur Wiedervereinigung - Finanzminister in der Eurokrise
Zur Zeit des Mauerfalls war Schäuble als Bundesinnenminister (1989-1991) maßgeblich an der Deutschen Wiedervereinigung beteiligt.
Für die heutige Amtsinhaberin Nancy Faeser (53, SPD) ist Schäuble einer der "bedeutendsten Demokraten" und ein "großer Staatsmann". "Er verkörperte das demokratische Nachkriegsdeutschland wie wenige andere", so die SPD-Politikerin.
Als Thomas de Maizière (69, CDU) im Jahre 2009 das Ministerium von Schäuble übernahm, habe dieser ihm "ein erstklassig geführtes Innenministerium" übergeben. "Er hat unser Land geprägt, gestaltet und manchen Sturm ausgestanden. Wolfgang Schäuble war ein Patriot im besten Sinne des Wortes. Er war klug, belesen, kultur- und insbesondere musikbegeistert", sagt de Maizière.
Aus seiner Zeit als Finanzminister dürfte vielen Deutschen die Zeit der Schuldenkrise in Griechenland in Erinnerung geblieben sein, in der Schäuble mit seinem griechischen Amtskollegen Yanis Varoufakis (62) bitterhart über EU-Rettungspakete oder einen möglichen "Grexit" verhandelt hatte.
Dieses Engagement für Europa würdigt auch der heutige Finanzminister Christian Lindner (44, FDP): "Mit Wolfgang Schäuble verlieren wir einen Staatsmann und leidenschaftlichen Europäer. Er hat viele mit seiner Stärke beeindruckt, mit der er sein Schicksal getragen hat."
Schäuble: Respekt über Parteigrenzen hinweg
Zu Zeiten der Eurokrise hatte Schäuble auch mit der damaligen Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde (67), häufiger zu tun. Zuletzt verband beide Finanzexperten eine innige Freundschaft. "Er war einer der einflussreichsten europäischen Anführer dieser Generation", sagt die heutige EZB-Chefin.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (67, SPD) ist sich zudem sicher, dass Schäubles Lebenswerk bis weit in die Zukunft hinein nachwirken werde.
"Ein reiches Leben ist nun zu Ende gegangen - das Werk dieses herausragenden Staatsmannes und Menschen wird Bestand haben. Wir werden Wolfgang Schäuble nicht vergessen. Er hat sich um Deutschland und Europa verdient gemacht. Ein halbes Jahrhundert stellte er sich in den Dienst des deutschen Volkes. Wer Wolfgang Schäuble begegnete, dem begegnete der geborene Homo Politicus, der über alle Parteigrenzen hinweg größten Respekt genoss", so Steinmeier.
Respekt über Parteigrenzen hinweg, bringt man Schäuble auch bei den Grünen entgegen. Der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour (48) würdigt Schäuble als "Gigant des Parlamentarismus": "Sein Platz in den Geschichtsbüchern ist ihm gewiss."
Wolfgang Schäuble starb am Dienstag im Alter von 81 Jahren im Kreise seiner Familie.
Titelfoto: Bernd von Jutrczenka/dpa