An der Realität vorbei - FDP und Grüne zusammen für eine neue Flüchtlingspolitik?
Berlin - Einige Parteimitglieder der Grünen haben sich hinter einer Forderung für ein Umdenken in der Einwanderungspolitik zusammengeschlossen. Für ihren Vorschlag erhalten sie nun Zuspruch seitens der FDP.
Die "Vert Realos" verstehen sich als bürgerliche Mitte der Grünen-Partei, so etwas wie die Werteunion der CDU, bloß weniger umstritten und parteiintern anerkannt.
So komisch einem das Bild eines konservativen Grünen-Politikers auch vorkommen mag, es gibt sie und sie haben sich vereint, um sich für eine "andere Migrationspolitik in Deutschland" einzusetzen.
Die grünen "Realos" bemängeln das nicht vorhandene Integrationskonzept der Bundesregierung (in der ihre Partei selbst mitwirkt), das dazu führe, dass Deutschland bei der Aufnahme von Geflüchteten an seine "Belastungsgrenze" komme, während gleichzeitig die "Akzeptanz für die Einwanderung sinkt".
Für ihr "Memorandum" erhält der Grünen-Flügel nun Zuspruch seitens der FDP.
"Katastrophale Fehler der Merkel-Jahre dürfen sich nicht wiederholen!"
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai (46) schlägt den Grünen vor, sich zusammenzusetzen und neue Lösungen für die Integration zu diskutieren.
Djir-Sarai erklärt dazu, dass sich die "katastrophalen Fehler der Merkel-Jahre" nicht wiederholen dürften: "Wir brauchen dringend in Deutschland eine Migrations- und Integrationspolitik, die im Einklang mit der Realität ist, im Interesse unseres Landes ist und die Sorgen der Bürger nicht ignoriert."
Von der FDP, die ebenfalls als Teil der aktuellen Bundesregierung mitverantwortlich für den Status quo ist, gibt es bisher nur das Angebot zur Diskussion.
Die bürgerlichen Grünen-Politiker um den Tübinger (Baden-Württemberg) Oberbürgermeister Boris Palmer (50) haben bereits konkrete Maßnahmen formuliert.
Maßnahmen-Paket der "Vert Realos" für eine "andere Migrationspolitik"
Aus Sicht der "Vert Realos" müsse zunächst zwischen verschiedenen Formen von Asyl unterschieden werden.
Auch der Rechtsstaat müsse, falls nötig mit polizeilichen Mitteln, die Bildung von "Parallelstrukturen in unserer Gesellschaft" unterbinden.
Politisch oder rassistisch verfolgte Menschen sollen dauerhaftes Asylrecht erhalten, Kriegsflüchtlinge auch ein zeitlich begrenztes und "alle anderen Migranten" sollen ihren Aufenthalt in Deutschland zwar "produktiv" nutzen, aber irgendwann auch wieder in ihre Heimat zurückkehren.
Zudem soll die Europäische Union die Flüchtlingsströme besser koordinieren und an den EU-Außengrenzen sogenannte "Aufenthaltszonen" für Migranten einführen, in denen über eine mögliche Aufnahme der geflüchteten Person entschieden werden soll.
Die insgesamt 131 Unterzeichner des Memorandums warnen zudem vor einem "Rechtsruck" in Deutschland, sollte kein Umdenken in der Einwanderungspolitik erfolgen.
Titelfoto: Kay Nietfeld/dpa