Ampel-Knall: Scholz schmeißt Lindner raus, Vertrauensfrage angekündigt!

Berlin - Vorzeitiges Aus! Die Fortschrittskoalition ist knapp zehn Monate vor der Bundestagswahl 2025 zerbrochen. Kanzler Olaf Scholz (66, SPD) hat FDP-Chef Christian Lindner (45) entlassen – und die Vertrauensfrage angekündigt.

Olaf Scholz (66, SPD, r.) will nicht mehr mit Christian Lindner (45, FDP, o.) regieren. (Archivbild)
Olaf Scholz (66, SPD, r.) will nicht mehr mit Christian Lindner (45, FDP, o.) regieren. (Archivbild)  © Kay Nietfeld/dpa

Am späten Mittwochabend trat Scholz in Berlin vor die Presse und erklärte, dass der Bundestag am 15. Januar über die Vertrauensfrage abstimmen solle. Die Wählerinnen und Wähler können sich nun wohl im März auf vorgezogene Neuwahlen einstellen.

Zuvor hatte der Bundeskanzler Finanzminister Lindner entlassen, wie ein Regierungssprecher entsprechend bestätigte. Der FDP-Chef hatte im Vorfeld vorgeschlagen, dass die Ampel-Parteien gemeinschaftlich schnellstmöglich Neuwahlen für Anfang des nächsten Jahres anstreben sollten.

Die Folge: Am späten Abend zogen sich die FDP-Minister komplett aus Ampel-Regierung zurück.

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In seiner Begründung rechnete der 66-Jährige mit dem in Ungnade Gefallenen hart ab, sieht demnach keinerlei Vertrauensbasis mehr mit diesem. "Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert", sagte der SPD-Politiker. Und führte weiter aus: "Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen."

Unter diesen Umständen sei eine ernsthafte Regierungsarbeit nicht mehr möglich.

Ein solches Verhalten wolle er dem Land nicht weiter zumuten. Er ging sogar noch einen Schritt weiter! Es gehe Lindner um die eigene Klientel und um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei, sagte Scholz. Die Unternehmen im Land bräuchten Unterstützung, erklärte Scholz außerdem noch mit Blick auf die schwache Konjunktur und hohe Energiepreise in Deutschland.

Er verwies zudem auch deutlich auf die internationale Lage mit den Kriegen in Nahost und der Ukraine. "Wer sich in einer solchen Lage, einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden", untermauerte Scholz in seiner Rede seinen Standpunkt mit Nachdruck.

Olaf Scholz schlägt Friedrich Merz Zusammenarbeit vor

Der Bundeskanzler war am Mittwochabend vor die Presse getreten und hatte seine Entscheidung umfangreich begründet.
Der Bundeskanzler war am Mittwochabend vor die Presse getreten und hatte seine Entscheidung umfangreich begründet.  © Michael Kappeler/dpa

Nach der Entscheidung will er Unionsfraktionschef Friedrich Merz (68, CDU) anbieten, möglichst rasch gemeinsam nach Lösungen zu der Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. "Ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen."

Er wolle Merz anbieten, in zwei oder gerne auch noch mehr Fragen, "die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: Bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung", sagte der Kanzler im Kanzleramt.

Die Wirtschaft könne nicht warten, bis Neuwahlen stattgefunden haben, ergänzte Scholz und fügte hinzu: "Und wir brauchen jetzt Klarheit, wie wir unsere Sicherheit und Verteidigung in den kommenden Jahren solide finanzieren, ohne dafür den Zusammenhalt im Land aufs Spiel zu setzen."

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Die CSU hat nach dem Scheitern der Ampel-Koalition bereits schnellstmöglich Neuwahlen gefordert.

"Taktische Verzögerungen darf es nicht geben", schrieb CSU-Chef Markus Söder (57) am Mittwochabend im Onlinedienst X. Er forderte Scholz auf, nun direkt im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. "Die Vertrauensfrage muss sofort und nicht erst im nächsten Jahr gestellt werden." Damit könnten Neuwahlen sogar noch im Januar des kommenden Jahres stattfinden.

Die Linke eröffnete nach dem Bruch sogar schon den Wahlkampf: "Der Kampf um die Plätze links der Mitte ist eröffnet - und das ist gut so", erklärten die Parteispitze und die Bundestagsgruppe gemeinsam. Die Linke werde das Feld von hinten aufrollen und frischen linken Wind ins Land bringen, teilten die Parteichefs Ines Schwerdtner (35), Jan van Aken (63) und die Vorsitzenden der Bundestagsgruppe, Heidi Reichinnek (36) und Sören Pellmann (47), weiter mit.

Christian Lindner wirft Olaf Scholz kalkulierten Bruch der Koalition vor

Kein Finanzminister mehr in der Scholz-Regierung: Christian Lindner.
Kein Finanzminister mehr in der Scholz-Regierung: Christian Lindner.  © Ann-Marie Utz/dpa

Der entlassene Finanzminister Lindner hat Scholz indes vorgeworfen, den Bruch der Ampel-Koalition gezielt herbeigeführt und durchgeführt zu haben.

"Sein genau vorbereitetes Statement vom heutigen Abend belegt, dass es Olaf Scholz längst nicht mehr um eine für alle tragfähige Einigung ging, sondern um einen kalkulierten Bruch dieser Koalition", sagte der FDP-Vorsitzende in Berlin nach dem Ampel-Aus.

Er warf SPD und Grünen vor, seine Vorschläge für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Deutschlands nicht einmal als Beratungsgrundlage akzeptiert zu haben. Scholz habe lange die Notwendigkeit verkannt, dass Deutschland einen neuen wirtschaftlichen Aufbruch benötige.

"Er hat die wirtschaftlichen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger lange verharmlost", sagte Lindner.

Der Kanzler habe ultimativ von ihm verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen, sagte Lindner. "Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte. Deshalb hat der Bundeskanzler in der Sitzung des Koalitionsausschusses am heutigen Abend die Zusammenarbeit mit mir und der FDP aufgekündigt."

Wie die Bild-Zeitung im Zusammenhang mit dem Kollaps der Ampel erfahren haben will, soll die FDP bereits selbst geplant haben, den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen zu kündigen. Nun kam Scholz der Partei offenbar zuvor.

Robert Habeck bedauert Ampel-Kollaps, Annalena Baerbock spricht von "keinem guten Tag"

Robert Habeck (55, Grüne) bedauerte den Bruch der Koalition noch am Mittwochabend. Man habe sich häufig gestritten. "Dennoch will ich für uns sagen, dass sich das heute Abend falsch und nicht richtig anfühlt, geradezu tragisch an einem Tag wie diesem, wo Deutschland in Europa Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit zeigen muss", betonte er in der Hauptstadt.

Obwohl Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch lagen, habe man die Haushaltslücke nicht schließen können. "Die FDP war nicht bereit, diese Wege zu gehen." Lindners Entlassung sei letztlich so folgerichtig wie unnötig gewesen. Bis zu Neuwahlen im Frühjahr sei die Regierung im Amt und "fest entschlossen, die Pflichten des Amtes vollumfänglich zu erfüllen", sagte Habeck.

Außenministerin Annalena Baerbock (43, Grüne) sprach von keinem guten Tag für Deutschland - und darüber hinaus.

Es sei "kein guter Tag für Europa", sagte die Politikerin vor dem Kanzleramt. Europa trage eine Verantwortung für Frieden auf dem europäischen Kontinent, für den Frieden in der Ukraine, die die Freiheit in Deutschland seit tausend Tagen mit sichere. Baerbock mahnte, dass mit Blick auch auf die Folgen des Ukraine-Kriegs eine Ausnahmeregelung zur Schuldenbremse nötig gewesen sei. Dafür hätten die Grünen geworben, doch das sei so nicht möglich gewesen.

Erstmeldung: 20.41 Uhr, zuletzt aktualisiert: 23.45 Uhr

Titelfoto: Bildmontage: Michael Kappeler/dpa, Ann-Marie Utz/dpa

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