Was haben Sex-Comics neben Kinderbüchern zu suchen?
Bielefeld - Da war eine 25-Jährige doch sehr erstaunt, als sie in einem der vier Manga-Regale in der Bielefelder Buchhandlung Thalia stöberte und mehrfach Bände herauszog, in denen explizit sexuelle oder sogar soft-pornografische Darstellungen im Fokus standen.
Eigentlich suchte sie als Manga-Fan nämlich nach "Meisterdetektiv Conan". Stattdessen fand sie Sex-Comics, die erst für Leser ab 16 Jahren geeignet sind.
Das Problem dahinter: Die Regale mit den pornografischen Inhalten stehen direkt neben der Kinder- und Jugendbuchabteilung. "Zwischen Superhelden und Robotern stehen erotische Comics, die deutlich mehr zeigen als ein bisschen Bravo-Love-Story", erzählt die Kundin gegenüber der Neuen Westfälischen.
Sie selbst ist in der Jugendarbeit tätig. "Was ich kritisiere, ist nicht nur die bildhafte Darstellung des Sexuellen, sondern vor allem das Rollenbild dieser Geschichten."
Das Klischee in den Comics: Großäugige sowie -brüstige und gleichzeitig schüchterne Lolitas stehen starken Männern gegenüber, die sich nehmen, was sie wollen. "Die Kinder lernen in diesen Geschichten, dass man Sex erzwingt, auch wenn das Mädchen sich gewehrt hat. Denn am Ende ist es für sie doch schön."
Sie appelliert an die Verantwortung der Buchhändler: "Wer solche Geschichten an Jugendliche verkauft, der fördert dieses Rollenbild vom devoten Mädchen und dem aggressiven Jungen."
Die Hauptorganisatorin des Manga-Fantreffens "Anime, Manga, Bielefeld" (AniMaBi), Jasmin (24), sieht das etwas anders: "Japanische Comics sind in unzählige Genres unterteilt. Da gibt es Comedy, Fantasy, Roboter, Action oder Thriller. Bei den Romance-Stories sind die Rollenbilder nicht problematisch, aus unserer Sicht aber sehr klischeehaft. Derzeit sind bei Mädchen Boys-Love-Geschichten – also schwule Liebe – sehr beliebt."
Vor allem in Mangas für Mädchen würden Frauen als starke Persönlichkeiten dargestellt. Dass es Sexszenen gibt, streitet sie nicht ab. Allerdings kann man nicht jede gleich in die Porno-Schiene rücken.
Trotzdem fügt Jasmin an, dass in Japan strikt nach Alter getrennt wird. Daher gibt sie der Kritikerin im gewissen Maße recht: "Das Manga-Regal bei Thalia steht wirklich direkt neben den Kinderbüchern." Zudem seien die Bände schlecht sortiert und durcheinander.
Bei der Buchhandlung traf die Kritik auf offene Ohren. Dort will man jetzt etwas ändern. "Wir besprechen den geschilderten Fall und schauen, ob wir bei der Präsentation der Manga-Titel oder durch eine spezielle Schulung optimieren können", erklärt Thalia-Sprecherin Claudia Bachhausen-Dewart.
Sie stellt aber auch klar, dass die Bände ab 16 und 18 Jahren immer eingeschweißt in den Regalen landen würden. "Damit die Altersempfehlung eingehalten wird, werden Mitarbeiter beim Einscannen an der Kasse aufgefordert, nach dem Ausweis zu fragen. Trotzdem wollen wir prüfen, ob wir die Trennung der Mangas deutlicher machen können."