Umbau zur "Parkstadt Dösen": 300 Bäume sollen Wohngebiet zum Opfer fallen
Von Anke Brod
Leipzig - 2002 wurde der Betrieb im Parkkrankenhaus Dösen zugunsten der heutigen Helioskliniken in Probstheida eingestellt. Jetzt soll aus dem inzwischen in ein Naturidyll mutierten Gelände ein familienfreundliches Wohngebiet werden. Naturschutzverbände sehen das Projekt jedoch kritisch, denn: Im Zuge der Baumaßnahmen sollen 300 Bäume gerodet werden.
Die Gründerzeithäuser werden saniert, zusätzlich entstehen Neubauten, darunter 68 Wohneinheiten im „mietpreisgebundenen Segment“. Das 14 Hektar große Gelände des Parkkrankenhauses Dösen zwischen Chemnitzer und Paul-Flechsig-Straße sowie der Klinik für forensische Psychiatrie und einer Kleingartenanlage wird in ein familienfreundliches Wohngebiet umgewandelt.
Doch mit den Wohnungen nicht genug: Ferner sind dort ein Lebensmittelmarkt, eine Tiefgarage sowie ein dreigeschossiges Parkdeck direkt hinter der Forensik an der Gorbitzer Straße geplant. Auch eine Kita, Gemeinschaftsgärten und Spielplätze stehen auf dem Plan. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung will im Projekt zudem die 120-jährige Geschichte der Anlage gewürdigt wissen. Eine soziokulturelle Nutzung, vorzugsweise in der ehemaligen Kirche, ist ebenfalls erwünscht.
Der Entwurf des Bebauungsplanes mit der Nummer 398 wurde am 18. April dieses Jahres vom Rat der Stadt Leipzig gebilligt und öffentlich ausgelegt. Umweltverbände wittern indes einen Naturfrevel.
Parkkrankenhaus Dösen soll Wohngebiet werden: "Natur- und Artenschutz muss Priorität haben."
Im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung kritisiert etwa der Verein Ökolöwe Leipzig: "Für das Bauprojekt sollen 300 Bäume gerodet werden – viele davon sind gesetzlich geschützte Biotopbäume", hieß es in einer Mitteilung.
"Zahlreiche Sträucher und Hecken werden auch abgeholzt. Verstöße gegen § 44 BNatSchG sind hier nicht auszuschließen, da Lebensräume von schützenswerten Arten wie Fledermäusen und Vögeln zerstört werden. Darüber hinaus wird die zugrundeliegende Leipziger Baumschutzsatzung missachtet. Der Landschaftsplan Leipzig als übergeordnetes Planungsinstrument weist für das Baugebiet das Ziel aus, Lebensräume anzureichern und zu entwickeln. Hier muss also Natur- und Artenschutz Priorität haben.“
Laut dem Ökolöwen werde jedoch ein massiver Verlust von Lebensräumen, geschützten Biotopen und somit die Verringerung der Artenvielfalt forciert. Der Appell: "Das muss endlich aufhören, wir fordern mehr Grün für Leipzig!“
Naturschützer wollen Biotope bewahren: "Mehr Grün für Leipzig!"
Dösen ist offenbar die Spitze des Eisberges. Laut Naturschutzbund Leipzig (NABU) wurden in der Messestadt seit 2016 weit über 100 Hektar Stadtgrün durch Beton ersetzt, zudem Flächen versiegelt.
Auf dem alten Klinikgelände gibt es laut Landschaftsplan 30 gesetzlich geschützte Biotope, darunter 28 höhlenreiche alte Bäume sowie eine große "magere Frischwiese“. Unter Letztere kommt die Tiefgarage. Gesetzlich geschützte Biotope dürfen nach dem Naturschutzgesetz weder "zerstört, noch erheblich beeinträchtigt“ werden. Ausnahmen gibt es bei überwiegendem öffentlichen Interesse oder unzumutbarer Belastung für den Eigentümer. Dann allerdings muss ein verbindlich festgesetzter Ausgleich her. Im Fall der Tiefgarage sei die „Zerstörung der Frischwiese unumgänglich“, so die städtische Vorlage. Auf dem gesamten Areal würden zudem bauplanbedingt "rund 226 vitale Bäume beseitigt“, zur Verkehrssicherheit zusätzlich Einzelbäume. Alles in allem wären es dann 300, das Papier sieht 280 Neupflanzungen vor.
"Das reicht für den Klimaschutz nicht aus“, mahnt Dr. Ulrike Böhm (54), Vorstandsmitglied im Kreisverband Leipzig von Bündnis 90/Die GRÜNEN. Im Namen des Arbeitskreises "Umwelt und Klimaschutz“ fordert sie eine Änderung des B-Planes Nr. 398: "Allein wegen der Trockenheit und der aktuellen Baumschäden mit Verlusten brauchen wir jeden Baum. Verkehrssicherheit kann auch mit Baumerhalt hergestellt werden. Auf Neubauten zulasten von Bäumen sollte verzichtet werden“.
Eine Arbeitsgruppe aus BUND, NABU und ÖKOLÖWEN Leipzig plant nun öffentliche Protestaktionen und verlangt für die "Parkstadt Dösen“ die Einhaltung aller umweltschutzrechtlichen Belange, Klimaschutz voran. Sprecherin Dr. Ulrike Böhm: "Wir sind gegen die Fällung von Altbäumen, weil sie wichtig für das Stadtklima und geschützte Arten sind.“