Verfällt diese Oberschule, weil Gymnasien wichtiger sind?
Leipzig - Mit einem Schulabbrecher-Anteil von 26,6 Prozent ist die 84. Schule im Leipziger Plattenbauviertel Grünau einsamer Spitzenreiter in der Messestadt. Die Gründe sind bekannt, wurden aber in der Vergangenheit nicht oder nur teilweise behoben. Eine Sanierung der maroden Oberschule steht nun an, kommt aber eigentlich Jahre zu spät.
2016 verließen laut Statistischem Landesamt mit 26,6 Prozent der rund 380 Schüler mehr als jeder vierte die Bildungsstätte im sozialen Brennpunkt Stuttgarter Allee ohne Abschluss. Vergleich: Der Durchschnittswert in Leipzig lag im selben Jahr "nur" bei 11,3 Prozent.
Einer der Gründe, weshalb der Anteil in der Grünauer Oberschule derart hoch ist, ist der Zustand der zuletzt 1990 großflächig sanierten Einrichtung. Die Vorsitzende des Leipziger Stadtelternrates (SER) zeigte sich schockiert über diesen und darüber, dass sich in den letzten Jahren so wenig getan hat.
"Ein marodes Gebäude macht natürlich noch keinen Schulverweigerer", sagte Petra Elias (47) TAG24. "Doch wenn dann noch ein schwieriges Umfeld, hoher Anteil von 'bildungsfernen Haushalten', Lehrerschaft über 60, häufiger Unterrichtsausfall und nur ein Sozialarbeiter hinzukommt, kann Schule zum Brennpunkt werden", so das Vorstandsmitglied. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem baulichen Zustand der Schule im Hinblick auf die hohe Abbrecherquote sieht die Stadt jedoch nicht gegeben.
Im vergangenen Jahr wurden einige Böden ersetzt, ebenso wie der Großteil der Beleuchtung im Gebäude. Schon 2013 wurden aber neue Fenster angekündigt. Gekommen sind die (bisher) nicht. Auch sei der Keller nass, einige Räume würden schimmeln - ein katastrophaler Zustand.
Sind Leipzig die Gymnasien tatsächlich wichtiger?
Leipzigs Bildungsbürgermeister Prof. Dr. Thomas Fabian (62) soll zusätzlich Öl ins Feuer gegossen haben. Auf eine Anfrage des Elternrats der 84. Oberschule, weshalb diese nicht saniert werde, soll er geantwortet haben: "Gymnasien sind wichtiger!" Die Unternehmen sehen das laut Elias anders: "Sie brauchen dringend Facharbeiter".
Gymnasien sind also wichtiger? Nein, sagt die Stadt. "Wir investieren gleichermaßen in Schulen aller Schularten", teilte Jens Kabisch, Abteilungsleiter Infrastruktur des Bildungsamtes, mit.
Jedoch seien auch schon mehrfach Hilfsangebote durch das Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) durch die Schulleitung der Oberschule abgelehnt worden, sagte Petra Elias.
Immerhin werden in den anstehenden Winterferien fünf Unterrichtsräume gemalert. Dies kündigte die Stadt Leipzig auf TAG24-Anfrage an. Die Räume, sicherlich die im schlimmsten Zustand, habe sich die Schule herausgesucht, heißt es. Im Sommer 2018 beginne zudem eine "umfängliche energetische Sanierung" der 84. Schule - inklusive der bereits 2013 versprochenen Fenster. Abgeschlossen soll sie im Frühjahr 2020 sein.
Elias, selbst Mutter dreier Kinder, hofft, dass dieser Zeitplan auch tatsächlich eingehalten wird. "Ich glaube erst, dass die Sanierung losgeht, wenn das Gerüst steht", sagte die 47-Jährige. "Die Lehrer und Schüler haben ein schöneres Lernumfeld verdient", zeigt sie sich bestürzt, "damit drückt sich auch Wertschätzung aus."