Huren über neues Gesetz gefrustet: "Bedroht unsere Existenz"
Dresden/Leipzig - Sperriger Name für ein ambitioniertes Vorhaben: Der Landtag wird sich am Freitag mit dem Prostituiertenschutzgesetz befassen. Aber es gibt Widerstand.
Auf den ersten Blick klingt alles nach Verbesserung und Schutz: Weibliche und männliche "Sexarbeiter" sollen regelmäßige medizinische Untersuchungen und Beratung erhalten.
Es gibt darüber hinaus, so der Plan, nur noch kontrollierte Bordelle mit "Betriebskonzept". Auch eine Kondom- und sogar eine Anmeldepflicht für die Liebesdiener ist vorgesehen.
"Das Gesetz ist repressiv und gefährlich", sagt die Abgeordnete Sarah Buddeberg (35, Linke). "Denn in Sachsen sollen SexarbeiterInnen die Kosten für ihre Registrierung und Untersuchungen selbst tragen."
Fraglich sei auch, welche Behörden auf die Daten Zugriff bekämen.
Die gewerkschaftsähnliche "linke Freie ArbeiterInnen Union" setzt sich auch für Prostituiere ein: "Der Gesetzesentwurf legt guten Arbeitsbedingungen Steine in den Weg."
Kritisiert werden vor allem die Zwangsregistrierung und die Kosten. Immerhin würden 60 Euro für die Gesundheitsberatung, 40 für die Registrierung/Anmeldebescheinigung, 15 für einen Alias-Namen fällig. Die Beratung sei alle 12 Monate wahrzunehmen, bei Betroffenen unter 21 sogar doppelt so häufig. Man sehe auch nicht, wie das Gesetz vor Menschenhandel oder Zwangsprostitution schützen soll.
Selbst der Sächsische Städte- und Gemeindetag (Vertretung der Bürgermeister) ist sauer. Zum einen, so Geschäftsführer Mischa Woitscheck (51), über die späte Anpassung an Landesrecht. Das Bundesgesetz trat schließlich schon im Juli 2017 in Kraft.
Zum anderen wegen besagter Gebühren, die die sächsischen Kommunen nun eintreiben sollen. "Die Erhebung von Verwaltungsgebühren lehnen wir ab", so seine Ansage. Denn: "Der Schutzzweck der Vorschrift wird konterkariert, wenn die gesundheitliche Beratung durch die Prostituierten selbst finanziert werden müsste."
Das neue Gesetz soll Prostituierte schützen - doch im Gewerbe fühlt man sich davon eher diskriminiert
Vor allem Anmeldepflicht und Mitführungspflicht des sogenannten Hurenpasses stoßen im horizontalen Gewerbe übel auf.
"Unsere persönlichen Daten werden von den Behörden gespeichert und damit auch unser sexuelles Verhalten", sagt Lucy (32), die im Nordosten Leipzigs mit zehn Kolleginnen ein kleines Freudenhaus betreibt und selbst als SM-Klinikerin arbeitet.
Keiner wisse, wie in den Ämtern mit diesen sensiblen Daten umgegangen und wie lange sie gespeichert werden. "Vor allem für Frauen, die noch einem anderen Beruf nachgehen oder studieren, kann das schnell existenzbedrohend werden", glaubt Lucy. Ganz zu schweigen davon, wenn der Hurenpass, der neben dem Foto auch Namen, Geburtstag und -ort enthält, mal verloren gehe.
Auch der "Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e. V.", der deutschlandweit die Rechte von Prostituierten vertritt, wettert gegen das neue Gesetz. "Dadurch werden viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in die Illegalität gedrängt, wo sie verstärkt von Menschenrechtsverletzungen bedroht sind", meint Vorstandsfrau Fabienne Freymadl.
Auch in Leipzig seien Kolleginnen nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes plötzlich "unsichtbar" geworden, weiß Lucy. Auf einschlägigen Portalen tauchen sie dann wieder auf und bieten vermeintlich private "Seitensprünge" an.