Exklusiv! Mord-Anklage gegen Leipziger Hells Angels
Leipzig - Knapp neun Monate nach der tödlichen Schießerei unter Rockern auf der Leipziger Eisenbahnstraße hat die Staatsanwaltschaft Mord-Anklage gegen vier Mitglieder des Hells Angels MC erhoben. Sie werden beschuldigt, den Anwärter der Streetgang United Tribuns (UT), Veysel A. (27), getötet zu haben.
Wer sind die Angeklagten, was wirft man ihnen konkret vor?
Hauptbeschuldigter ist Stefan S. (31). Er soll die Pistole geführt und während der gewalttätigen Auseinandersetzung ein ganzes Magazin leer geschossen haben. Die Schüsse trafen Veysel A. sowie die UT-Rocker Sairen O. (32) und Umut A. (35), die schwer verletzt wurden. Andere Projektile schlugen als Querschläger unter anderem in eine Spielothek ein.
Die Angeklagten Frank M. (45), Ferenc B. (40) sowie der ehemalige Chef der Leipziger Hells Angels, Markus M. (34), werden ebenfalls des gemeinschaftlichen Mordes beschuldigt. Sie sollen auf den am Boden liegenden Veysel A. eingetreten haben. Die Staatsanwaltschaft unterstellt allen Tötungsabsicht.
Woran starb Veysel A.?
Die Staatsanwaltschaft geht nach rechtsmedizinischem Gutachten davon aus, dass sowohl die Schussverletzungen als auch die gegen den Kopf geführten Tritte für sich genommen tödlich waren.
Wie ist die Beweislage?
Kompliziert. Die meisten Beteiligten verweigern die Aussage. Nur ein Ex-Rocker, der bei den Tribunes ausgestiegen ist, hat Angaben gemacht. Die Anklage stützt sich zudem auf ein 36 Sekunden langes Handy-Video von der Schießerei. Doch die Behörde verfügt nur über eine Kopie. Das Original wurde bis heute nicht gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Videofilmer aus dem Umfeld der Tribuns stammt und ursprünglich dokumentieren wollte, wie die im Kampfsport geschulten Migranten-Rocker die Hells Angels vermöbeln.
Warum sind die Hells Angels nicht mehr wegen schweren Landfriedensbruchs angeklagt?
Staatsanwalt Guido Lunkeit hat diesen Vorwurf letztlich fallen gelassen, weil aus dem Video klar hervor geht, dass die United Tribuns die vor einem Bistro stehenden Hells Angels angegriffen haben. Von den Höllenengeln ist bis zu diesem Zeitpunkt keine Gewalt ausgegangen.
Warum waren die Hells Angels überhaupt auf der Eisenbahnstraße?
Der Gewaltausbruch hatte eine Vorgeschichte. Am Vormittag des 25. Juni war der spätere Schütze Stefan S. auf dem Weg zu einem Tattoo-Studio auf der Eisenbahnstraße. Und zwar in voller Hells Angels-Montur. Da die Tribuns die Straße als ihr Revier betrachten, werteten sie das als Affront und schlugen den Höllenengel zusammen. Stunden später marschierten dann die Hells Angels fast in Charter-Stärke auf der Eisenbahnstraße auf, um bei einem gemeinsamen Bistro-Besuch zu demonstrieren, wer in Leipzigs Rocker-Szene das Sagen hat.
Wann und wo findet der Prozess statt?
Das Landgericht hat den Prozess noch nicht terminiert. Die 1. Schwurgerichtskammer verhandelt normalerweise im Gerichtsgebäude an der Leipziger Harkortstraße. Empfiehlt die Gefahrenprognose der Polizei jedoch höchste Sicherheitsvorkehrungen, könnte auch in einem speziell gesicherten Gerichtssaal in Dresden verhandelt werden.