Dieses mysteriöse Leuchten erhellt ein ganzes Dorf
Von Anneke Müller
Hirschfelde/Turow - Gelb-orange leuchtende Nebelschwaden ziehen bei Nacht aus den Schloten des Kraftwerkes im polnischen Turow über das Dreiländereck. Sie erhellen den Himmel über Hirschfelde und anderen Grenzgemeinden.
"Als ich das zum ersten Mal sah, dachte ich, das Kraftwerk brennt", sagt Bernd Müller (72), Ortsvorsteher der 1700-Seelen-Gemeinde Hirschfelde. Das Kraftwerk aber ist mitnichten der Grund für den "brennenden" Himmel.
Schuld sind die Tomaten-Leuchten der Firma Citronex (in Bogatynia bei Turow), die in ihren Gewächshäusern auf polnischem Gebiet Tomatenpflanzen auf einer Fläche von zehn Hektar fast immer bestrahlen, um das Wachstum zu fördern.
Zieht der Qualm aus den Schloten des Kraftwerks darüber, reflektieren die Schwaden das Kunstlicht auf gruselige Weise. So unheimlich das Phänomen ist - gefährlich ist es nicht. "Bei Messungen kam nichts heraus", so Ortsvorsteher Müller.
Er kann der Tomaten-Lichtschau sogar Positives abgewinnen: "Wegen der Diebstahlsdelikte ist es gut, wenn die Gemeinde besser beleuchtet ist."
Offenbar sehen das auch die meisten Bewohner Hirschfeldes so: "Uns liegen keine Beschwerden vor", so Frank Meyer, Sprecher des Sächsischen Umweltministeriums. Damit könnte es ohnehin schwierig werden: "Es gibt keine europaweiten Grenzwerte für Lichtemissionen", so Meyer.
Ende 2014 hatte der Probebetrieb der Tomaten-Leuchten begonnen. Die Zukunft dürfte noch heller für Hirschfelde werden:
In den nächsten zehn Jahren soll die Anbaufläche auf 100 Hektar erweitert werden...
Fotos: Rafael Sampedro, dpa/Pawel Sosnowski
Titelfoto: Import