Von der Dresdner Heide auf die Kanaren: Wie Gabriella zum Höhlen-Hippie wurde
Radeberg/La Palma - Als die 68er-Bewegung vor 50 Jahren die freie Liebe propagierte, war Gabriella (44) aus Liegau-Augustusbad bei Dresden noch gar nicht geboren.

Aber mit dem "Spirit" dieser Zeit kann sich die Aussteigerin bestens identifizieren. Als "stolzer Hippie" lebt sie seit Jahren in einer Höhle auf der Kanaren-Insel La Palma.
In Gabriellas Wohnhöhle ist es gemütlich, luftig und hell. Sie liegt leicht erhöht und ist an zwei Seiten offen. Drinnen stehen zwei Korbsessel an einem Holztisch, eine Küchenecke mit allerlei Schränkchen und ein Hochbett mit Moskitonetz.
Einst hauste in den schwer zugänglichen und nahezu unberührten Schluchten die Urbevölkerung der Kanareninsel. Inzwischen werden die Höhlen von Aussteigern aus aller Welt bewohnt und sind so gut in die Landschaft integriert, dass sie erst sichtbar werden, wenn man direkt davorsteht.
Gabriella und ihr Lebenspartner Christian (45) lieben die Abgeschiedenheit. Nur acht Katzen und der alternde Hund von Gabriellas Tochter gehören zum Höhlenidyll.
Sowie gelegentlich Gäste, die "Retreats" bei dem Paar buchen, um ihr stressiges Alltagsleben für ein paar Tage hinter sich zu lassen.
In Deutschland kam sie einfach nicht mehr klar

Als Gabriella 14 war, erhielt ihre Familie die Ausreisegenehmigung. Doch ihr fiel es schwer, sich "drüben" zurechtzufinden. Die Freunde in der DDR wollten nichts mehr von ihr wissen, im Westen litt sie unter Vorurteilen: "Ich habe schon früh den Glauben an das politische System verloren und gemerkt, dass ich in Deutschland einfach nicht klarkomme."
Vor 20 Jahren ging sie nach La Palma. "Man lebt hier in einer Echtheit, die ich in dieser Essenz noch nie erlebt habe."
Gabriella hat ein Smartphone, um mit Familie, Freunden und ihren "Retreat"-Kunden in Kontakt zu bleiben. Strom gibt es aus einem Solarmodul, das Geld für den Zugang zu Wasser stammte aus einer Erbschaft. Lebensmittel baut sie selbst an. Einkäufe werden im nächsten Dorf erledigt.
"Letztlich brauchst du doch nur etwas zum Anziehen, Wasser und eine warme Dusche, etwas zu essen und ein Bett."




Titelfoto: Carola Frentzen/dpa