Regeln und Rituale der Rocker
Die Rockerszene in Sachsen - sie ist bunt und vielfältig, aber auch verschlossen und voller Rätsel. In unserer neuen Serie wollen wir einen Einblick in eine faszinierende, teilweise auch verstörende Subkultur geben - unverstellt, ungeschönt und jenseits üblicher Klischees. Rockerclubs haben uns ihre Türen geöffnet, Polizisten ihre Akten, ein Philosoph seine Gedankenwelt.
Die Aufnahmeprüfung kann hart sein
Von Alexander Bischoff und Jens Fuge
Leipzig - In der Welt der Rocker gelten eigene Regeln und Rituale, die in jedem Club Gesetz sind. Die harten Jungs verwenden ebenso ihre eigenen und clubspezifischen Sprachen und Symbole, um sich abzugrenzen.
Polizei: Ein Rocker spricht niemals mit der Polizei. Sogar wenn er von anderen Rockern angegriffen oder schwer verletzt wird, gilt dieses Gebot.
Frauen: Freundinnen und Frauen von Clubbrüdern sind für die Rocker tabu.
Motorräder: Die meisten Clubs haben Harley-Pflicht. Mindestens aber gelten 750 ccm Hubraum.
Kutte: Die Kutte ist das Heiligste. Sie wird geachtet und verteidigt. Ein Verlust wird oft mit Ausschluss aus dem Club bestraft.
Mitgliedschaft: Das dauert. Zuerst gibt es eine Hangaroundzeit, in der sich Kandidat und Club kennenlernen. Nach meist einem Jahr geht’s in die Probezeit, man bezeichnet den Status dann als „Prospect“. Das kann von sechs Monaten bis zu zwei Jahren dauern, manche schaffen es nie.
Aufnahme: Viele Clubs machen ein regelrechtes Ritual daraus, zur Aufnahme den Rückenaufnäher (Patch) zu übergeben. Wer so lange gekämpft hat, wird oft einer letzten Prüfung unterzogen.
Eingegrabene oder eingemauerte Patches sind keine Seltenheit. Die Leipziger Red Devils ließen vor kurzem den Prüfling durch den eiskalten Fluss Luppe schwimmen. Das Patch lag am anderen Ufer...
Drogen: Wer mit Drogen handelt, fliegt raus. So jedenfalls sehen es die Regeln in vielen Clubs vor. Wird aber nicht immer so rigoros gehandhabt. Der eigene Konsum hingegen wird oft großzügiger gesehen.
Farben: Fest vergeben in der Szene sind die Farben. Rot-Weiß sind die Hells Angels, Gremium trägt schwarz-weiß ebenso wie Outlaws, Bandidos sind rot-gold.
Zahlen: Viele Clubs haben zusätzlich zu ihrem Logo eine Zahlenkombination. Die bekannteste ist wiederum vom Hells Angels MC, der eine 81 trägt. Das bedeutet den 8. und 1. Buchstaben im Alphabet: H und A. 184 Steht für Red Devils, die 7 für Gremium.
Buchstaben: AFFA steht für „Angels forever - forever Angels“. BFFB haben die Bandidos, GFFG das Gremium, usw...
Hierarchie: Rockerclubs pflegen Demokratie in Reinform. Ein Mann - eine Stimme. Das macht Entscheidungen in den Clubs oft schwierig, aber gerecht.
Trotzdem gibt es einen Präsidenten, einen Vize, einen Schatzmeister, einen Road Captain und einen Sergant of Arms. Das heißt wörtlich übersetzt zwar „Waffenmeister“, hat aber damit nichts zu tun.
Er wacht vielmehr über die Sicherheit und Durchsetzung der Regeln im Club.
Clubhaus: Ein Motorradclub hat in aller Regel ein Clubhaus. Das ist Zentrale und Stolz des Clubs, welche in mühevoller Arbeit selbst ausgebaut wurde.
Hier treffen sich die Member, feiern Partys, halten ihre Besprechungen ab. Viele Clubs bieten einen „offenen Abend“ für Jedermann.
Weitere Teile der Serie:
HELLS ANGELS MC: DIE ROT-WEISSE MACHT AUS LEIPZIG
WIE KRIMINELL SIND DIE HELLS ANGELS WIRKLICH?
DARUM GIBT ES IN SACHSEN KEINE BANDIDOS MEHR
Fotos: Ronald Bonß, Maik Börner, Jens Fuge, Picture Point, Andrzej Rydzik, Bikers News