Dramatischer Rückgang: Warum verlassen immer mehr Tauben Chemnitz?
Chemnitz - Sie prägten eigentlich das Bild von europäischen Großstädten, doch Chemnitz hat in den letzten 20 Jahren die Hälfte seiner Stadttauben-Bevölkerung verloren! Vogel-Experten vermuten als Grund die Konkurrenz durch andere Vögel und eine Verschlechterung der Lebensbedingungen für Tauben.
"Der Bestand wird auf 500 bis 1000 Brutpaare geschätzt. Es wird von einem Rückgang bis zu 50 Prozent im Vergleich zum Brutbestand von vor 20 Jahren ausgegangen." Das teilte die Stadtverwaltung einer Anfrage von Susanne Schaper (41, Linke) mit.
Die Stadträtin wollte es genauer wissen: "Ich habe Leute gefragt, warum sie zum Beispiel auf dem Markt die Tiere verjagen. Die Antwort ist dann fast immer: Weil sie gefährliche Krankheiten übertragen. Das ist aber fast nie der Fall." Die Stadt bestätigt: "Dem Gesundheitsamt ist in den letzten zwei Jahren keine Erkrankung bekannt geworden, die durch Stadttauben übertragen wurde."
Das Krankheiten die Vögel hinraffen, ist auch eher unwahrscheinlich. Susanne Hofmann (50) vom Naturschutzbund vermutet: "Die Zahl der Krähen in der Stadt hat massiv zugenommen. Diese könnten auch die Nester der Tauben ausräumen und so deren Bestand dezimieren."
Der Chemnitzer Ornithologe Eberhard Flöter (61) stimmt zu: "Rabenkrähen haben vielerorts bereits Elstern vertrieben." Mitarbeiter des Umweltamtes schätzen den Chemnitzer Krähenbestand auf mehrere Tausend Brutpaare.
Flöter sieht vor allem zwei Hauptursachen des Stadttauben-Rückgangs. "Der wesentliche Grund sind Gebäudesanierungen. Tauben nisten normalerweise in Gebäudenischen oder Ruinen - ohne solche Orte können sie keine Nester mehr bauen. Außerdem ist der Wanderfalke wieder häufiger in Chemnitz anzutreffen - und jagt auch Tauben als Beute", so der Ornithologe. Wegen der Artenvielfalt sei es aber wichtig, den Taubenbestand in der Stadt zu erhalten.