Wegen Personalmangels: Keine Hilfe für schwerstbehindertes Kind
Chemnitz - Vanessa (2) ist rund um die Uhr auf medizinische Pflege angewiesen. Ihre Mama ist verzweifelt: Maria Hengst (32) weiß nicht, wer sie künftig bei der Versorgung ihrer schwerstbehinderten Tochter unterstützen soll. Denn der Familie wurde der Pflegevertrag zum 30. September gekündigt.
"Ich habe Angst um meine Tochter. Sie hat eine Trachealkanüle und kann nicht schlucken. Wenn nicht regelmäßig Schleim abgesaugt wird, erstickt sie", sagt die Chemnitzerin, die sich auch um die beiden gesunden Drillingsgeschwister und ihren 12-jährigen Sohn kümmert. Der Geschäftsführer der HeimgGmbH, Friedrich Schmerer (69), begründet die Kündigung: „Wir können die Pflege personell nicht mehr absichern."
Dass daran auch ein Besuch der Eltern bei Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig (55,SPD) nichts änderte, empört Anwältin Silke Brewig-Lange: "Die Pflegefirma ist gemeinnützig und ein städtisches Tochterunternehmen. Damit ergibt sich eine besondere Verantwortung. Es wäre Aufgabe der Stadt, ihren Einfluss geltend zu machen. Zudem zeigt sich ein ganz massives Problem bei der Pflege in Chemnitz."
Für Familie Hengst bedeutet die Kündigung nicht nur den Pflege-Notstand, sondern auch finanzielle Probleme: "Mein Mann müsste verkürzt arbeiten, um die Geschwister in die Kita zu bringen, weil ich bei Vanessa bleiben muss. Dann rutschen wir in die Sozialhilfe ab", so Maria Hengst.
Die Mutter bittet: "Wir suchen dringend Kinderkrankenschwestern oder Rettungssanitäter, die uns helfen." Kontakt: kanzlei@ra-brewig-lange.de
Allein gelassen
Kommentar von Mandy Schneider
Dass kranke Menschen um die Anerkennung von Behinderungen oder bestimmte Therapien kämpfen müssen, ist keine Seltenheit. Doch darum geht es bei Vanessa nicht. Der Kampf ihrer Familie hat eine neue, traurige Qualität: Zwar übernimmt die Krankenkasse die Pflegekosten - doch es scheitert am Personal.
Die Familie, deren Alltagsbewältigung jedem Respekt abnötigt, ist bei der Suche nach einem neuen Pflegedienst auf sich allein gestellt. Wird niemand gefunden, bleibt für Vanessa nur die Einweisung in eine Klinik.
Gekündigt hat eine städtische, Firma, in deren Aufsichtsrat auch Chemnitzer Stadträte sitzen. Die können nicht ernsthaft hinnehmen, dass von einem Unternehmen, das Gemeinnützigkeit im Namen trägt, auf diese Weise personelle Probleme gelöst werden.
Was auch immer zur Kündigung führte: Alle Erwachsenen, denen das Wohlergehen von Vanessa anvertraut ist, sollten sich schleunigst um eine Lösung kümmern und die Schwierigkeiten nicht auf Kosten eines schwer kranken Kindes austragen.
Titelfoto: Kristin Schmidt