Abendschule entdeckt Migranten als neue Zielgruppe
Chemnitz - Geht hier bald das Licht aus? Die Anmeldungen an den Abendschulen sind massiv gesunken - und die Abbrecherquote liegt sowohl an Oberschule und Gymnasium bei rund 50 Prozent. Einziger Lichtblick: Es gibt viele Migranten, die einen Schulabschluss wollen.
"Am stabilsten sind Schüler, die nebenbei noch arbeiten. Wer pendeln muss und auch noch Familie hat, gibt eher auf", sagt Abendgymnasium-Leiterin Caroline Steigert. An ihrer Einrichtung machten 2017 nur 13 Schüler das Abitur, 2016 noch 29.
Insgesamt besuchen 107 Schüler in sechs Klassen die Einrichtung an der Arno-Schreiter-Straße 3. Dort befindet sich auch die Abendoberschule - hier können Haupt- und Realschulabschlüsse nachgeholt werden. Doch deren Auslastung sinkt ebenfalls: 2016 gab es 35 Realschüler, die ihren Abschluss machten. 2017 nur noch 19.
Von 168 Schülern sind 83 Migranten: "Darunter sind nur wenige, die aufgeben. Wenn ja, dann meist wegen mangelhafter Sprachkenntnisse", sagt Schulleiterin Rosemarie Pilz (64).
Abendschülerin Maryam Mohamedi (21) stimmt zu: "Schwer ist nur die Sprache, Mathe ist wie in Afghanistan." Sie möchte Bankkauffrau werden.
Landsmann Mehdi Amiri (19) pendelt aus Zwickau nach Chemnitz, weil in der Muldestadt keine Abendrealschulklasse zustande kam. "Ich versuche, nur Deutsch zu sprechen." Sein syrischer Freund Ahmad Mistikato (19): "Unsere Lieblingsfächer sind Deutsch, Geschichte und Geografie. Man spricht und erfährt viel."
Ahmad arbeitet seit 2016 als Altenpfleger beim Chemnitzer Arbeiter-Samariter-Bund, geht nach der Frühschicht auf die Abendoberschule. "Als Flüchtling in der Türkei durfte ich nicht auf deren Schulen, deshalb kam ich mit meiner Familie nach Deutschland", so der Syrer.
Die Stadt Chemnitz als Träger der Abendschulen rechnet 2018 mit 51 000 Euro Kosten (2017: 49.148 Euro). Eine überarbeitete Auslastungsplanung der Abendschulen soll dem Stadtrat im November vorgelegt werden.