Chemnitzer Steinzeitsegler macht klar Schiff für nächste Expedition
Chemnitz/Merseburg - Ein Junge voller Tatendrang schickte sich einst an, die Welt zu verändern. Heute, mit 50 tut er es: Der Chemnitzer Experimentalforscher Dominique Görlitz trainiert mit einem Steinzeitboot auf dem Geiseltalsee bei Merseburg für sein großes Abenteuer Abora IV. Für TAG24 segelte Redakteur Bernd Rippert (57) mit.
1982 baute Görlitz mit 16 Jahren in seiner alten Heimat Thüringen das erste Schilfboot, inspiriert von den Abenteuern des Thor Heyerdahl. Er staunte, „dass Schilf Menschen trägt“, schipperte auf dem Flüsschen Nesse.
2019, spätestens 2020 will Görlitz mit dem 14 Meter großen Schilfboot Abora IV von Sotschi bis Kreta segeln und nachweisen, dass es vor 8 000 Jahren Handel zwischen den Kulturen gab.
70 Segel-Laien hat der Chemnitzer am Geiseltalsee versammelt. Schichtweise üben sie das Segeln und Wenden auf einer wackeligen Konstruktion aus Holz, Styropor und Schilf.
Die Dilmun S ist die 6,20 Meter kleine Replik einer Höhlenzeichnung aus Ägypten. „Am Ende bleiben sechs bis acht Leute übrig, mit denen ich durchs Schwarze- und Mittelmeer segle.“
Sie sind begeistert von den Thesen Dominique Görlitz‘. Aber nicht jeder ist eine Wasserratte. So wie der Archäologe Eugen Golowin (34) aus Nordrhein-Westfalen.
Etwas steif hält er auf der Dilmun S die Leinen. „Ich will wissen, wie sich Steinzeitmenschen in Amerika und Afrika getroffen haben. Aber auf der Abora mitsegeln? Ich bin nicht lebensmüde.“
Dabei ist das Steuern der Dilmun S ein Kinderspiel - wenn man Steinzeit-Segelerfahrung hat wie Dominique Görlitz. Wenn man 2007 mit der Abora III auf dem Atlantik kreuzt, kentert und weitermacht.
Kurz und knapp weist er an, wie das Segel gesetzt, das Ruder bedient, die zehn Seitenschwerter gestellt werden.
Doch als Bernd Rippert an Bord geht, geht die Fahrt fast schief. Zu viele Fragen, Görlitz passt kurz nicht auf. Die Dilmun S legt sich gefährlich schrägt.
Hektisch gibt der Forscher Befehle, damit nicht acht Leute ins Wasser fallen. Der Kapitän ist stolz auf seine Matrosen: „Sie leisten Großartiges.“
Das Abora-IV-Projekt von Sotschi bis Kreta soll beweisen, dass unsere Vorvorvorfahren Handel über große Distanzen trieben. Damals mittendrin das Erzgebirge, das Zinn bis Troja geliefert habe.
Die Thesen von Dominique Görlitz sind umstritten. Den Chemnitzer stört’s nicht: Ich bin mit Abora II von Ägypten nach Zypern und zurück gesegelt.
Ich habe bewiesen, dass man mit einem Steinzeit-Schilfboot wegfahren und zurückkehren kann.“
Titelfoto: Peter Zschage