Von Mandy Schneider

Chemnitz - Eckart Drechsler (60) fährt beruflich mit dem Taxi durch Chemnitz - und in seiner Freizeit mit einer 30 Jahre alten Staatskarosse. Der auf 5,60 Meter gestretchte schwarze Volvo war das Dienstauto von Erich Honecker.

Mit originaler DDR-Standarte an der linken Frontseite und dem „Freie-Fahrt-Schild“ hinter der Scheibe schaukelt der Volvo-Fan die zwei Tonnen schwere Bonzenkutsche zum eigenen Vergnügen durch Chemnitz - oder zu dem vieler Autofans zu Oldtimertreffen. „Da fährt man wie in einer Sänfte.“

Aufmerksamkeit ist Drechsler gewiss: „Polizisten grüßen mich unterwegs, bei Autotreffen ist der Volvo das Highlight. Die Leute wundern sich, dass es keine Panzerung gibt, und staunen, dass Honecker schon eine automatische Klimaanlage hatte.“

Von der Halterung für die Maschinenpistole an der Mittelkonsole sind nur noch zwei kleine Löcher geblieben. Bei Bedarf konnten Dolmetscher auf Klappsitzen gegenüber der Rückbank Platz nehmen.

Für Fans ist der Klang des Sechszylinder-Motors ein Ohrenschmaus. Mit rund zehn Litern Benzinverbrauch ist das 165-PS-Gefährt mit drei Litern Hubraum fast sparsam.

„Nur wenn ich die 190 Stundenkilometer auf der Autobahn mal ausreize, schluckt er deutlich mehr“, so Drechsler.

Für alle Fälle gibt’s im Volvo neben dem 70-Liter-Tank noch einen weiteren mit 30 Litern extra.

Der Chemnitzer Taxifahrer hatte die Rarität via Anzeige zum Schnäppchenpreis von 8500 Euro entdeckt.

„Der Volvo war auf den Ministerrat der DDR zugelassen gewesen und bis 1990 für Honecker und Staatsgäste im Einsatz.“

Drei Jahre nach der Wende war Erichs Fuhrpark versteigert worden.

Trotz etlicher Vorbesitzer fand erst der Chemnitzer Taxifahrer unter den hinteren Sitzen ein SED-Parteiabzeichen: „Ob es Honecker selbst verloren hat, lässt sich nicht mehr rausfinden, aber eine gewisse Komik hat diese Vorstellung schon.“

Wer Honeckers Karosse aus der Nähe sehen will, hat am 20. August Gelegenheit: Wenn auf der Küchwaldbühne Filme über Karl-Marx-Stadt gezeigt werden, stellt Eckart Drechsler seinen Volvo aus.

Fotos: Peter Zschage