Fall Rebecca: Köpfe rollen wegen unzulässiger Überwachung
Berlin - Erinnerungen an den Fall Rebecca werden wach: Kurz nach dem Verschwinden der Schülerin wurde der Renault von Rebeccas Schwager von der Kennzeichenerfassung KESY registriert. Das Erfassungssystem der Brandenburger Polizei stand daraufhin in der Kritik. Nun gibt es eine Dienstaufsichtsbeschwerde.
Wie die "Märkische Allgemeine Zeitung" berichtet, hat der Hauptpersonalrat des Innenministeriums sich gegen den eigenen Minister Karl-Heinz Schröter (64, SPD) gestellt und Dienstaufsichtsbeschwerde erstattet. Ihm wird Schädigung des Ministeriums vorgeworfen.
Denn: Schröter hatte den Leiter der Polizeiabteilung Herbert Trimbach (63) Anfang Juni hausintern versetzen lassen. Trimbach gilt als scharfer Kritiker der umstrittenen KfZ-Kennzeichenspeicherung. In Brandenburg nutzt die Polizei seit 2010 die automatische Kennzeichenfahndung KESY. Die Erhebung von Daten ist aber nur dann erlaubt, wenn es um Gefahrenabwehr geht, ein Fahrzeug zur Fahndung ausgeschrieben wird oder ein richterlicher Beschluss vorliegt.
Daraufhin wurden kritische Stimmen laut, die die Rechtmäßigkeit des Systems infrage gestellt haben – und Trimbach wurde in die Rechtsabteilung des Ministeriums versetzt.
KESY geriet in den Fokus des medialen Interesses, als der himbeerrote Renault Twingo von Rebeccas Schwager unmittelbar nach ihrem Verschwinden an zwei Tagen von der Verkehrsüberwachungsanlage auf der Autobahn zwischen Berlin und Frankfurt/Oder erfasst wurde (TAG24 berichtete) – obwohl Florian R. damals nicht als Verdächtiger galt.
Daraufhin musste Polizeivizepräsident Roger Höppner einräumen, dass die Brandenburger hunderttausende, vielleicht sogar Millionen von Daten gesammelt und diese über Monate, sogar Jahre hinweg gespeichert hat, ohne dass ein Verdacht vorlag. Folglich wurden die Kennzeichen von unschuldigen Fahrzeugführern automatisch erfasst. Dass ein derartiges System existiert und dann noch in dieser Größenordnung, war nicht bekannt.
Zufallstreffer
Schnell kam der Verdacht einer illegalen Speicherung auf. Nach Angaben von Döbbner erfasst das System rund um die Uhr, an jedem Tag in der Woche.
Dass das Fahrzeug von Rebeccas Schwager damals überhaupt erfasst wurde, war ein Zufallstreffer. Für die A 12 lag ein Frankfurter Gerichtsbeschluss zu einer längerfristigen Observation in einem Ermittlungsverfahren wegen schwerer Bandenkriminalität vor.
Damals erklärte Bernd Reusch, Rebeccas Vater, dass ein Drogendeal Florian R. nach Polen geführt habe (TAG24 berichtete).
Mindestens neun KESY- Geräte sind den Angaben zufolge aufgestellt, vornehmlich an Autobahnkreuzen.
Von fünf weiteren mobilen Geräten ist die Rede. Um personenbezogene Daten gehe es aber nicht. Die Frontscheibe des Fahrzeugs wird nicht erfasst, somit ist der Fahrer des Wagens auch nicht zu identifizieren.
Döbbner zufolge sei der Einsatz aber verhältnismäßig und habe zu Erfolgen bei der Kriminalitätsbekämpfung geführt.