Bahn-Irrsinn: Uralt-Technik rollt auf Hightech-Strecke!

Von Torsten Schilling
Chemnitz - Auf der 81 Kilometer langen Strecke von Chemnitz nach Leipzig fährt ab 13. Dezember nicht mehr die Bahn mit moderner Neigetechnik, sondern die Mitteldeutsche Regiobahn MRB mit 30 Jahre alten Reichsbahnwaggons. Ob das 1,5 Millionen Fahrgäste jährlich freut?
Der Verkehrsverbund Mittelsachsen VMS hatte der MRB den Zuschlag erteilt. Der Mitbewerber Deutsche Bahn sei teuerer gewesen, so VMS-Geschäftsführer Harald Neuhaus (59). Welchen Wert der Auftrag, der bis 2023 läuft, hat, verrät er nicht.
Eine Klimaanlage gibt es nicht, dafür Schalttafeln mit kyrillischen Buchstaben. Die Scheiben stammen aus dem VEB Glaswerk Olbernhau (Erzgebirge).

„Die Wagen werden alle neu lackiert, die Innenräume modernisiert“, erklärt MRB-Geschäftsführer Matthias Löser (55).
18 Mal täglich pendeln Züge im Stundentakt. In die Messestadt beträgt die Fahrzeit 59 Minuten, drei mehr als der abgelöste Chemnitz-Leipzig-Express der Deutschen Bahn. Nach Chemnitz 64 Minuten.
2004 war die Strecke für rund 150 Millionen Euro für Tempo 160 ausgebaut worden. Die MRB-Züge erreichen 140 km/h.
„Für Behinderte sind die Waggons nicht so gut geeignet“, sagt Annett Lützelberger (47) vom Behindertenbeirat des VMS. Auch Ingo Gumpricht (51) hat Probleme.
„Die Stufen sind zu steil. Mein Blindenhund Scotty verfängt sich in den Treppengittern. Zögert er, zögere ich.“
Mit der Vergabe an die MRB dürfte das Interesse der Deutschen Bahn, Chemnitz wieder ans Fernbahnnetz anzubinden, nicht wachsen, befürchtet Bahner und Ex-Stadtrat Wolfgang Lesch (61, FDP).

