Anke (†20), Mariya (†29), Karlheinz (†38): Gesetzgeber verhindert schnellere Aufklärung

Leipzig - Anke Hübschmann (†20) in Großröhrsdorf bei Dresden, Mariya Nakovska (†29) in Halle (Saale), Karlheinz Gross (†38) in Magdeburg: Drei Todesfälle, die teilweise fast 26 Jahre zurückliegen und nie aufgeklärt werden konnten. Mittlerweile ist die Technik so weit fortgeschritten, dass die gefundenen DNA-Spuren den Täterkreis einkreisen könnten. Doch das verhindert der Gesetzgeber.

Theoretisch können Ermittler anhand der am Tatort gesammelten DNA die Herkunft einer Person bestimmen. Die deutsche Gesetzgebung verbietet dies aber.
Theoretisch können Ermittler anhand der am Tatort gesammelten DNA die Herkunft einer Person bestimmen. Die deutsche Gesetzgebung verbietet dies aber.  © 123RF/deniskot

Die Technik und die Wissenschaft schreiten in allen Bereichen jährlich voran und auch Ermittlern gelingt es so oftmals auch noch viele Jahre nach einem Verbrechen, den Tätern auf die Spur zu kommen.

Das überarbeitete und auf die aktuellen Möglichkeiten angepasste Strafgesetz erlaubt es den Experten, mittels sogenannter phänotypischer DNA-Analyse den Bereich der Verdächtigen deutlich einzugrenzen. Das war vor einigen Jahren noch verboten, ist seit Dezember aber erlaubt.

Durch diese Analyse können die Ermittler Hinweise auf körperspezifische Merkmale Augen-, Haar- und Hautfarbe bestimmen. Weiterhin verboten ist in Deutschland aber die biographische Herkunftsanalyse. Dieser kann entnommen werden, woher eine Person stammt, beziehungsweise wo sie sich den Großteil ihres Lebens aufgehalten hat.

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In den Niederlanden ist genau das erlaubt, was zur Aufklärung bisheriger Cold Cases, also ungelöster Altfälle, führte.

Bald noch mehr äußerliche Merkmale aus der DNA ablesbar?

Karlheinz Gross war Manager der Volksmusikband "Kastelruther Spatzen". Am 6. März 1998 wurde er schwerverletzt in Magdeburg gefunden. Er starb im Krankenhaus.
Karlheinz Gross war Manager der Volksmusikband "Kastelruther Spatzen". Am 6. März 1998 wurde er schwerverletzt in Magdeburg gefunden. Er starb im Krankenhaus.  © privat

"Ich bin der Meinung, dass gerade die Herkunft ermittlungstechnisch ein ganz entscheidendes Kriterium ist", sagte Dr. Jeanett Edelmann dem MDR. "Wir bedauern, dass die Herkunftsanalyse nicht mit aufgenommen wurde", so die forensische Molekularbiologin am Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig.

Für Prof Dr. Manfred Kayser, Forscher am Erasmus MC University Medical Center in Rotterdam, ist die unzureichende Gesetzesänderung in Deutschland eine vertane Chance.

"Ein Beispiel: Menschen, die braune Augen, schwarze Haare und mittelhelle Haut haben. Die gibt es in Europa, die gibt es in Asien, die gibt es unter den amerikanischen Ureinwohnern. Ich kann diese Menschen also anhand dieser Merkmale, die ich mit der phänotypischen Analyse bestimmt habe, nicht unterscheiden, obwohl sie von verschiedenen Kontinenten kommen. Wenn ich eine biogeografische Herkunftsanalyse mache, dann kann ich das", sagte er dem MDR.

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Er will aus der DNA-Analyse sogar auch weitere äußerliche Körpermerkmale entnehmen können. Dazu könnten Haarausfall, die Haarstruktur, eine besondere Körpergröße zählen. "Allerdings stehen wir da erst am Anfang", sagte er dem MDR.

Das Bundesjustizministerium gab an, dass "sinnvolle Anpassungen an den wissenschaftlichen Fortschritt selbstverständlich laufend geprüft" werden.

Die drei Todesfälle im Überblick

Bereits im Februar 1994 verschwand Anke Hübschmann (l.). Knapp vier Wochen später wurde die Getötete nahe Dresden gefunden. Studentin Mariya Nakovska (r.) wurde 2014 beim Joggen überfallen, vergewaltigt und in einen Wassergraben geworfen.
Bereits im Februar 1994 verschwand Anke Hübschmann (l.). Knapp vier Wochen später wurde die Getötete nahe Dresden gefunden. Studentin Mariya Nakovska (r.) wurde 2014 beim Joggen überfallen, vergewaltigt und in einen Wassergraben geworfen.  © privat

Anke Hübschmann (†20)

Anke Hübschmann ist seit fast 26 Jahren tot. Ihr Mörder ist noch immer auf freiem Fuß.

Die damals 20-Jährige von der Großröhrsdorfer Gaststätte "Zur Sonne" in die nahegelegene Spielothek "Top 1000" läuft, begegnet sie ihrem Mörder. Etwa einen Monat später findet die Polizei im Waldgebiet Massenei den leblosen Körper unter einem Reisighaufen.

Sie wurde erwürgt und erdrosselt, jedoch nicht vergewaltigt. Der Täter konnte nie gefasst werden. Erster Kriminalhauptkommissar Uwe Neubert (59): "Der Mörder wird im örtlichen Umfeld der Frau vermutet."

Karlheinz Gross (†38)

Vier Jahre später, am Abend des 6. März 1998, wird ein schwerverletzter Mann im abgelegenen Magdeburger Industriegebiet auf der Steinkopfinsel gefunden. Es ist Karlheinz Gross, Manager der "Kastelruther Spatzen". Trotz einer Not-OP stirbt Gross im Krankenhaus (TAG24 berichtete).

Am Vortag hatte die Volksmusikgruppe einen Auftritt in Magdeburg. Während der Rest nach Essen weiterreiste, blieb der Manager da und kümmerte sich um einen defekten Tourbus. Eineinhalb Stunden, nachdem er die Werkstatt verlässt, findet ihn ein Lastwagenfahrer auf dem Boden.

Laut Obduktion wurden die Verletzungen am Rumpf wohl durch das Überrollen mit einem Fahrzeug hervorgerufen. Mehrere Risse auf dem Kopf sprechen jedoch für später zugefügte Verletzungen durch stumpfe Gewalt. Ein Unfall, der vertuscht werden sollte? Ein gezieltes Überfahren? Die Ermittler sicherten Haare an Gross' Jacke. Mit ihnen könnte die Herkunft des Verdächtigen herausgefunden werden. Doch der Gesetzgeber verbietet dies.

Mariya Nakovska (†29)

Am 6. Februar 2014 begibt sich Studentin Mariya Nakovska auf eine Joggingrunde auf der Peißnitzinsel in Halle (Saale). Die Bulgarin wird am nächsten Tag tot gefunden. Sie wurde vergewaltigt, erwürgt und in einen Nebenarm der Saale geworfen (TAG24 berichtete).

1400 Männer konnten aufgrund der Funkzellen-Auswertung der Polizei ermittelt worden, alle Speichelproben verliefen aber erfolglos.

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