Nach 33 Jahren! Bauden-Wirt "Säckel" steigt vom Berg
Von Egbert Kamprath
Altenberg - Der Kahleberg, mit 905 Metern höchster Punkt auf der deutschen Seite des Osterzgebirges, prägt das Bild der Region rund um Altenberg. Mit dem Ausflugsziel eng verbunden ist der Name von Frank Nowosak.
Der ist ein Original der Region, einer, den fast jeder kennt, meist nur unter seinem Spitznamen "Säckel". Als Baudenwirt sorgte er fast 33 Jahre lang auf dem Gipfel für Stärkung und einen kühlen oder warmen Schluck, je nach Witterung und Laune. Jetzt schließt der 66-Jährige die Tür der kleinen Holzhütte für immer hinter sich.
Die Gesundheit fordert ihren Tribut, bei ihm und Frau Dagmar, die all die Jahre an seiner Seite stand. Es endet eine Ära, die so nicht wiederkehrt. "Ich könnte Bücher schreiben, was ich in den Jahren hier oben erlebt habe. Vor allem das Wetter hat alles geboten, was es hatte. Mal konnte man im Sturm kaum stehen, brach der Raureif die Bäume herunter oder herrschte dickster Nebel. Dann wieder gab es phantastische Sonnenuntergänge."
Abends wurde es ruhig auf dem Berg. "Dann versammelten sich die Wildtiere auf dem Plateau, scharrten kapitale Hirsche hinter der Hütte, in der wir oft übernachteten", sinniert Frank Nowosak und schaut unbestimmt in die Ferne, in der man bei guter Sicht das Kraftwerk Boxberg oder das Riesengebirge sieht. Er erinnert sich an frühere Jahre, als es noch Tradition war, zu Silvester mit Fackeln auf den Berg zu steigen, um von hier das Dresdner Feuerwerk zu erleben.
500 bis 600 Leute versammelten sich dann am großen Gipfelfeuer. Er denkt auch an die Zeit zurück, als der Kahleberg mit seinem Namen traurige Berühmtheit erreichte, die sterbenden Fichtenwälder bis zum Horizont reichten.
Ein Bild, das inzwischen fast in Vergessenheit geraten ist. Die Natur hat sich erholt.
Das mit der Baude hatte sich irgendwie ergeben
Eigentlich hatte der aus Glashütte stammende Frank Nowosak nichts mit Gastronomie zu tun, arbeitete in einem feinmechanischen Betrieb. "Es ergab sich irgendwie. Ich war mit der damaligen Wirtsfamilie Gebhardt bekannt. Als die in den 1980er Jahren in den Westen ausreisten, kam das Angebot, die 1961 errichtete Baude zu übernehmen."
Damals ging es noch zu Fuß mit Rucksack auf den Berg. "Manchmal bin ich im tiefen Schnee steckengeblieben und kam nicht bis zum Gipfel." Die Belieferung mit den größeren Posten übernahm zu DDR-Zeiten die Stadt, im Winter auch mit dem eigenen Motorschlitten. Den konnte sich der Baudenwirt erst nach der Wende zulegen.
Ging etwas unerwartet aus oder wurde vergessen, musste es zu Fuß oder auf Skiern herangeschafft werden.
Eine ausgefallene Küche mit kulinarischen Überraschungen fand der Wanderer in der kleinen Holzbaude nicht vor. Die Zeit schien stehengeblieben zu sein. Es gab Kartoffelsuppe, Erbseneintopf, Bockwurst. Die Gegebenheiten ließen ohnehin nicht viele Möglichkeiten zu.
Im Hintergrund brummte in den letzten Jahren immer ein Stromaggregat, da keine Leitung hier heraufführt.
"Das raue Klima muss man mögen"
Das Wasser musste in Kanistern auf den Berg gebracht werden. Der Gedanke an eine Abwasserleitung kam gar nicht erst auf. Nur eine Telefonleitung gab es, aus den Zeiten, als hier noch ein Feuerwachturm stand.
"Wir haben uns mit den Gegebenheiten arrangiert und lebten zufrieden, trotz der einfachen Verhältnisse. Das raue Klima muss man mögen." Nun steht für die große Auskehr ein großer Container vor der Hütte.
Dass es mit der Bewirtschaftung in der heutigen Zeit so nicht weitergehen kann, weiß auch Sven Irrgang, Leiter des Forstbezirks Bärenfels, der die Kahlebergbaude verpachtet. Doch eine Modernisierung mit Medienanschluss würde Unsummen kosten.
Es soll aber auch weiterhin eine Bewirtung geben. Gegenwärtig läuft die vorerst auf zwei Jahre befristete Ausschreibung für einen Imbissstand, der neben der Baude stehen soll.
Titelfoto: Egberth Kamprath