Freistaat Bayern macht Ernst! Verfassungsklage gegen bestehende Erbschaftsteuer
München - Wer in Deutschland ein Haus erbt, muss Steuern zahlen. Im teuren Bayern schlägt dies besonders massiv zu Buche. Politisch konnte die Staatsregierung dies nicht korrigieren, nun zieht sie entsprechend vor Gericht!
Die bereits seit vielen Monaten immer wieder angedrohte Verfassungsklage Bayerns gegen das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz des Bundes soll im Juni 2023 eingereicht werden.
"Bayern klagt", sagte Ministerpräsident Markus Söder (56, CSU) am Dienstag nach der Sitzung des Kabinetts in München. Der Ministerrat hatte zuvor schon die Normenkontrollklage in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht beschlossen, selbige werde nun "in circa zwei Wochen abschließend" eingereicht. Denn einmal mehr werde Eigentum in Deutschland in ganz besonderer Weise belastet.
Mit dem entsprechenden Antrag solle über eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Weg für eine Erhöhung der persönlichen Freibeträge, Senkung der Steuersätze und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer geöffnet werden, hieß es aus der Staatskanzlei des Freistaats zum Vorstoß.
Ziel sei es demnach, "dass sowohl das Eigenheim in Familienhand als auch viele Arbeitsplätze in mittelständischen Unternehmen gesichert werden". Es handle sich um "eine Frage der Fairness und der Steuergerechtigkeit".
Die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer seien seit dem Jahr 2008 nicht erhöht worden, betonte der Ministerpräsident.
Steuerfreies Erben von Einfamilienhäusern in weiten Teilen Bayerns schon lange nicht mehr möglich
Im Gegensatz dazu seien die Inflation sowie die Boden- und Immobilienpreise in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Trotzdem habe der Bundesgesetzgeber die Freibeträge bisher nicht angehoben, hieß es dazu aus der Staatskanzlei.
Das sei unfair und zugleich eine ständige Steuererhöhung, zumal das Jahressteuergesetz 2022 zu "einer der massivsten Erbschafts- und Schenkungssteuererhöhungen der jüngeren deutschen Geschichte" führe - mit Folgen!
Ein steuerfreies Erben von Einfamilienhäusern sei in weiten Teilen Bayerns schon seit längerer Zeit nicht mehr möglich, viele Erben seien zum Verkauf gezwungen, das finanzielle Lebenswerk der Vorgängergeneration könne nicht gehalten werden.
Die CSU-Freie-Wähler-Staatsregierung verwies auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995.
Damals hätten die Karlsruher Richter den Bundesgesetzgeber verpflichtet, sich bei den Freibeträgen der Steuerklasse I - diese betreffen die engsten Familienangehörigen - an den Werten durchschnittlicher Einfamilienhäuser zu orientieren. Diese Vorgabe hat sei jedoch seit der Erbschaftsteuerreform 2008 nicht mehr berücksichtigt worden.
Erbschaftsteuer? Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat eine klare Haltung
Die Steuerbelastung habe sich in der Folge gravierend erhöht. Bayern monierte zudem, dass sich der Wert bei Grundstücken bundesweit sehr unterschiedlich entwickelt habe - laut Söder habe "eine Gartenlaube in Miesbach mittlerweile den gleichen Wert (...) wie manche Villa in Greifswald".
Der Freistaat sei von besonders hohen Preisen betroffen, die aktuellen einheitlichen Freibeträge und Steuersätze würden diesen Verhältnissen allerdings nicht Rechnung tragen. "Dies ist unfair, das ist ungerecht und führt letztlich zu einem Ausverkauf der Heimat und führt auch dazu, dass Spekulanten sich dann entsprechend betätigen."
Finanzminister Albert Füracker (55, CSU) betonte, dass sich der Freistaat mit seinen politischen Forderungen zur Reform der Erbschaftsteuer leider nicht habe durchsetzen können. Bayern fordere, dass die Steuer nicht nach bundesweiten Einheitstarifen berechnet werden dürfe, wenn die Grundstückswerte sich so massiv unterscheiden.
Die Länder sollten wesentliche Aspekte der Erbschaftsteuer festlegen können. Es handele sich um eine reine Ländersteuer.
Auch wenn die Freien Wähler die Klage unterstützen, machte Parteichef und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (52) klar, dass die Erbschaftsteuer aus seiner Sicht ganz abgeschafft werden müsse. Aus der Sicht Söders sei dies aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Bayern würde sie jedoch auf das kleinstmögliche Niveau senken.
Titelfoto: Peter Kneffel/dpa