"Keine Experimente": Aiwangers Freie Wähler kämpfen für "Weiter so"
Augsburg - Die Freien Wähler ziehen einmal mehr mit ihrem Parteichef Hubert Aiwanger (52) als Spitzenkandidat in eine Landtagswahl. Einstimmig nominierte der Parteitag den Niederbayer am Samstag in Augsburg, der zuvor in einer rund 45-minütigen Rede die Fortführung der Koalition mit der CSU als Wahlziel ausgegeben hatte.
"Wir haben fünf Jahre unter schwierigsten Bedingungen, auch teilweise durch Spannungen in dieser Koalition, uns immer wieder auf die Lippen gebissen und dieses Land stabil weiterregiert", so Aiwanger.
Für den 52-Jährigen ist es bereits die fünfte Nominierung zum Spitzenkandidat für eine Wahl. Dreimal führte er die Partei in Landtagswahlen, zweimal in Bundestagswahlen. Während die Freien Wähler in Bayern als Regierungskraft etabliert sind, spielen sie bundespolitisch trotz mehrerer Anläufe noch keine Rolle.
"Wir sind die richtige Gruppierung, die noch stärker werden muss", sagte Aiwanger. Während die Ampel-Regierung im Bund in Hinterzimmern etwa bei Vorschriften für den Heizungstausch Pläne schmiede, die von den Menschen zu Recht als "Sauerei" empfunden würden und auch die CSU etwa bei Entscheidungen zum Einsatz von Brennholz zum Heizen falsch abgebogen sei, seien die Freien Wähler die verlässlichen Macher, betonte er.
"Es ist unsere Aufgabe, Bayerns Wohlstand zu erhalten."
Frei Wähler liegen in Umfragen zwischen zehn und elf Prozent
Aiwanger vermied es in seiner Rede, eine Prozentzahl als Wahlziel vorzugeben, dafür nannte Vize-Landeschef und Kultusminister Michael Piazolo (63) später die 15-Prozent-Marke als realistische Größe.
2018 hatten die Freien Wähler 11,6 Prozent der Stimmen geholt und waren in der Folge erstmals in einer bürgerlich-konservativen Koalition mit der CSU in Regierungsverantwortung gekommen.
In Umfragen liegen die Freien Wähler seit Monaten konstant zwischen zehn und elf Prozent. CSU und Freie Wähler haben sich bereits wiederholt für eine Fortsetzung ihrer Koalition ausgesprochen.
Auf Nachfrage erklärte Aiwanger, er sehe für die Freien Wähler viel Potenzial, Wähler von CSU, FDP, SPD und Grünen abzuwerben: "Ich glaube, dass wir von überall Stimmen einsammeln können."
Wie viele Kabinettsposten die Freien Wähler nach der Wahl forderten, sagte Aiwanger nicht. Derzeit stellen sie drei Minister und zwei Staatssekretäre.
Generalsekretärin Susann Enders (56) gab sich aber selbstbewusst: "Auf jeden Fall haben wir Anspruch auf weitere Ministerien, wenn unser Ergebnis weiter in die richtige Richtung geht." Die Freien Wähler seien bereit für jedes Ministerium.
Aiwanger: "Neues in nachvollziehbaren Schritten einzuführen"
In seiner Grundsatzrede mied Aiwanger bewusst Kritik an der CSU, dafür attackierte er die Ampel-Regierung im Bund und die Grünen im Land. "Unseren jungen Leuten sollen wir sagen, das Häuschen der Oma kannst du dir nicht mehr leisten, also zieh in den Plattenbau ein, das Auto vom Papa kannst du verkaufen, steig aufs Lastenfahrrad um und das Schnitzel legen wir zur Seite und essen nur noch Insekten", sagte er.
Es brauche die Freien Wähler als vernünftiges Korrektiv, dies hätten sie in den vergangenen fünf Jahren auch in der Koalition mit der CSU bewiesen.
Auch in ihrem Wahlprogramm zeigten die Freien Wähler ihre Nähe zur CSU: Absehbare Streitpunkte sind - wenn überhaupt - die weitere Absage an eine dritte Startbahn für den Münchner Flughafen, die Forderung für weitere Lockerungen für die Windkraft und die kategorische Ablehnung der sogenannten Grundsteuer C.
Nennenswerte Punkte sind Forderungen nach einem verpflichtenden Kindergartenjahr vor der Einschulung und die Abschaffung der Erbschaftssteuer.
Mit Blick auf die Ziele für die kommende Legislaturperiode betonte Aiwanger, es gehe nicht darum, "alles neu zu erfinden". Statt neuer Experimente sei es an der Zeit, angestoßene Dinge nachzujustieren und "Neues in nachvollziehbaren Schritten einzuführen".
Bayern und Deutschland müssten "Schritt für Schritt vom fossilen Zeitalter in die Zukunft gehen" und müssten aber zwingend Industriestandort bleiben. Dafür brauche es keine Klimakleber, sondern innovative Start-up-Unternehmer, günstige Energiepreise und junge Meister.
Titelfoto: Stefan Puchner/dpa