"Fotzengate" beschäftigt Karlsruhe: Tampon-Plakat der PARTEI landet beim Bundesverfassungsgericht
München - Die Satire-Partei "Die PARTEI" provoziert gern. Das steht außer Frage und bewusst überschreiten sie dabei immer wieder Grenzen. Manche empören sich darüber, andere halten diese Methoden für sinnvoll. Und wieder andere sehen offenbar Provokationen, wo gar keine geplant waren.
So drohte vor der Bundestagswahl 2021 die CSU in Straubing dem dortigen Kreisverband der "PARTEI" mit einer Strafanzeige, weil Unbekannte den berüchtigten "Nazis töten."-Aufkleber auf einem Wahlplakat der CSU anbrachten.
Als bei einer offenen Diskussion (ausgerichtet von "Fridays for Future") der Bezirksverbandsvorsitzende der PARTEI, Lukas Bieringer, einen CSU-Vertreter fragte, ob man auch BMW verklagen würde, wenn Unbekannte jemanden mit einem 3er Touring überfahren würden, blieb der Christsoziale eine Antwort schuldig. Zur angedrohten Strafanzeige kam es am Ende nicht.
Wenig erfolgreich verlief es nur wenige Autobahnminuten westlich, im benachbarten Regensburg.
Dort drohen der damaligen Regensburger Direktkandidatin der Partei nun 7200 Euro Strafe, weil sie Plakate aufhing, auf denen "Feminismus, ihr Fotzen" stand. Darauf zu sehen ist die Illustration eines Tampons, das von oben ins Bild hängt.
Und genau das störte offenbar die SPD- und CSU-Kandidatinnen, unter deren Wahlplakaten das Tampon-Motiv - neben zahlreichen bundesweiten anderen Plätzen - ebenfalls angebracht wurde. Sie erstattete Anzeige.
Die Folge: Staatsanwaltschaft und Kripo ermittelten wegen Beleidigung und Volksverhetzung, es gab Hausdurchsuchungen, das Amtsgericht Schwandorf verhängte gegen die Regensburgerin einen Strafbefehl über 120 Tagessätze á 60 Euro.
Vorbestraft wegen eines Tampons? Noch ist diese Entscheidung nicht rechtskräftig und es läuft bereits ein Berufungsverfahren.
"Wir nutzen nicht den Pluralis Majestatis"
"Das Wahlplakat zeigt ferner auf dunkelrotem Untergrund das weiße Rückholbändchen eines Tampons, welches vom oberen Plakatrand herabführt und somit die Wirkung eines Pfeiles auf das oberhalb befindliche Wahlplakat besitzt", begründete das Landgericht Amberg die Wohnungsdurchsuchungen.
Inwieweit das Rückholbändchen des Tampons eine Pfeil-Wirkung darstellt, kann jeder für sich entscheiden.
Die Münchner Stadträtin und Erstellerin des Motivs, Marie Burneleit, kommentierte die richterliche Begründung in einem öffentlichen Statement knapp mit einem "Hä?". "Dieser Einschätzung schließt sich der Vorstand des Landesverbands Bayern von Die PARTEI vollumfänglich an", heißt es in einem Pressestatement der Partei.
"Wenn wir jemanden beleidigen wollen, nutzen wir nicht den Pluralis Majestatis, sonst könnten sich ja alle angesprochen fühlen", weist der Vorsitzende des Landesverbands, Jerome Sturmes, die Anschuldigungen ab.
Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge hat nun Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt: "Indem das Landgericht davon ausgeht, bei dem Plakat handele es sich um Schmähkritik und auf eine grundrechtliche Abwägung verzichtet, verletzt es unsere Mandantin in ihrer Meinungsfreiheit."
Prigge vertritt Die PARTEI juristisch in diesem Fall. Auch Partei-Gründer und EU-Abgeordneter Martin Sonneborn (56) informiert über seine Social-Media-Kanäle unter dem Hashtag "Fotzengate" über die Entwicklungen in diesem Fall.
Titelfoto: Montage: Kay Nietfeld/dpa + Die PARTEI