Schüsse in München: Toter Verdächtiger (†18) soll Anschlag geplant haben
München - In der Innenstadt von München sind am Donnerstag nahe dem NS-Dokumentationszentrum um kurz nach 9 Uhr mehrere Schüsse gefallen. Ein Großeinsatz war die Folge, ein österreichischer Staatsangehöriger (†18) wurde von der Polizei erschossen. Nach jüngsten Ermittlungen gehen die Behörden von einem versuchten Terroranschlag aus.
In der unmittelbaren Nähe zum Ort der Schüsse liegt auch das israelische Generalkonsulat. Wie Polizei und Generalstaatsanwaltschaft mitteilten, sei offenbar ein Angriff auf dieses geplant gewesen.
Die Warnung seitens der Beamten auf X galt in diesem Zusammenhang für den Bereich Brienner Straße sowie zusätzlich für den Karolinenplatz.
In einem ebenfalls auf der Plattform ins Netz gestellten Video von einem Journalisten der "Süddeutschen Zeitung" sind zahlreiche laute Geräusche, vermutlich Schüsse, zu hören.
Wie die Polizei am Vormittag bestätigt hat, war es im Bereich Karolinenplatz zu Schussabgaben der Einsatzkräfte auf eine verdächtige Person, die eine "ältere Langwaffe" bei sich hatte, gekommen.
Später wurde diese als sogenannte "Repetierwaffe" beschrieben. Der Angreifer sei bei einem Schusswechsel getroffen und verletzt worden. Er soll gezielt auf die Polizisten geschossen haben. Die fünf beteiligten Beamten blieben jedoch unverletzt.
Wie die Polizei am Nachmittag auf einer Pressekonferenz erklärte, handelt es sich bei dem Schützen um einen im Jahr 2006 geborenen Österreicher. Der 18-Jährige hatte auch seinen Wohnsitz im Salzburger Land und soll erst kürzlich eingereist sein.
Recherchen von "SPIEGEL" und "Standard" zufolge sei der Mann den Sicherheitsbehörden als Islamist bekannt gewesen.
Großeinsatz nach Schüssen in München: Polizei gibt Entwarnung, Bürgertelefon eingerichtet
Wie Innenminister Joachim Herrmann (67, CSU) sagte, erlag der Täter noch am Vormittag seinen schweren Verletzungen. Zu einem möglichen Motiv oder auch der politischen Gesinnung des Mannes machte Herrmann noch keine genaueren Angaben.
Hinweise auf weitere verdächtige Personen, die in direkter Verbindung mit dem Geschehen in der Innenstadt stehen könnten, gibt es den Beamten zufolge nach aktuellem Erkenntnisstand nicht.
Die Ermittlungen laufen weiter auf Hochtouren, die Polizeipräsenz im Stadtgebiet wurde klar erhöht.
"Ein in Tatortnähe abgestelltes Auto wurde dem Tatverdächtigen zugeordnet", teilten die Beamten am Nachmittag mit. Es sei durchsucht worden.
Inzwischen gibt es Meldungen, wonach der Getötete bereits 2023 wegen IS-Verdachts angezeigt worden war. Damals hätte man unter anderem IS-Propagandamaterial und ein Spiel mit islamistisch-terroristischem Inhalt auf seinem Handy gefunden.
Seitens der Polizei wurde ein Bürgertelefon eingerichtet. Auskünfte und Fragen zum Einsatz werden unter der Rufnummer 08929101910 beantwortet. Für Notfälle oder Hinweise im Zusammenhang mit den Schüssen soll die 110 gewählt werden.
Generell kann allerdings aufgeatmet werden: "Wir können Entwarnung geben, es besteht keine Gefahr mehr für die Bevölkerung." Aufgrund der Sperrungen muss aber mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen gerechnet werden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser spricht nach Schüssen in München von gravierendem Vorgang
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bewertete am Vormittag die Schüsse in München als gravierenden Vorgang. "Es ist ein schwerwiegender Vorfall", erklärte die 54-Jährige in Berlin. Spekulieren wolle sie aber nicht, es gelte zunächst abzuwarten.
Sie bedanke sich "ganz herzlich bei der Münchner Polizei, die da einen guten Einsatz aus meiner Sicht machen", führte Faeser noch weiter aus. "Der Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen, das wissen Sie, hat oberste Priorität."
Israelische Generalkonsulin Talya Lador-Fresher richtet Worte des Dankes an Münchner Polizei
Auch die israelische Generalkonsulin hat der Polizei für ihr Handeln gedankt. "Dieses Ereignis zeigt, wie gefährlich der Anstieg des Antisemitismus ist", schrieb die Generalkonsulin des Staates Israel für Süddeutschland, Talya Lador-Fresher (62), auf X.
Weiter ist zu lesen: "Es ist wichtig, dass die breite Öffentlichkeit ihre Stimme dagegen erhebt." Das Generalkonsulat sei wegen des Jahrestages des Anschlags bei den Olympischen Spielen 1972 zum Zeitpunkt des Zwischenfalls geschlossen gewesen.
Isaac Herzog (63, Staatspräsident von Israel) hat sich eigenen Angaben zufolge über den Vorfall mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (68) ausgetauscht. Beide hätten ihre Verachtung und Abscheu über den "Terroranschlag" ausgedrückt, schrieb Herzog auf X. Er dankte ebenfalls den Sicherheitskräften für ihre "schnelle Reaktion".
In einer Mitteilung rief die Münchner Polizei dazu auf, mögliche Foto-, Film- oder Audioaufnahmen über ein Medienportal zur Verfügung zu stellen.
"Dieser Aufruf richtet sich auch an Verkehrsteilnehmer, die zu dieser Zeit an der Tatörtlichkeit vorbeigefahren sind und möglicherweise Aufnahmen gemacht haben." Sonstige Zeugen werden gebeten, sich unter 089/29100 zu melden.
Schüsse in München: Zusammenhang mit Jahrestag des Olympia-Attentats aus dem Jahr 1972?
Ob es einen Zusammenhang mit dem Jahrestag des Münchner Olympia-Attentats aus Jahr 1972 gibt, ist bisher noch unklar.
Am 5. September vor 52 Jahren hatten palästinensische Terroristen im Olympischen Dorf zwei Männer erschossen und neun Geiseln genommen. Ein Befreiungsversuch dramatische 18 Stunden später endete mit dem Tod aller neun israelischen Geiseln. Auch ein Polizist und fünf Attentäter verloren ihr Leben. Die Terroristen hatten durch die Aktion mehr als 200 Gefangene in Israel und die RAF-Mitglieder Andreas Baader und Ulrike Meinhof freipressen wollen.
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Titelfoto: Simon Sachseder/dpa