Terroranschlag auf Konsulat in München: So kam der 18-Jährige an seine Waffe

Von Frederick Mersi, Kathrin Zeilmann, Sebastian Schlenker

München - Ermittler werten die Schüsse eines 18-Jährigen auf das israelische Generalkonsulat in München vor gut einem halben Jahr nach Abschluss ihrer Arbeit als antiisraelischen Terroranschlag.

Ermittler werten die Schüsse eines 18-Jährigen auf das israelische Generalkonsulat als antiisraelischen Terroranschlag.
Ermittler werten die Schüsse eines 18-Jährigen auf das israelische Generalkonsulat als antiisraelischen Terroranschlag.  © Matthias Balk/dpa

Wenn man alle Ermittlungsergebnisse bewerte, komme man zum Schluss, dass der Anschlag in erster Linie israelfeindlich motiviert war, sagte Gabriele Tilmann, Leitende Oberstaatsanwältin bei der Generalstaatsanwaltschaft München.

Islamismus habe bei dem Angriff des später von der Polizei erschossenen Österreichers wohl nur eine untergeordnete Rolle gespielt, teilten das bayerische Landeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft mit: "Vielmehr zeigte sich beim Täter das Bild einer unreifen Persönlichkeit, die sich in einer Phase des Umbruchs und der Instabilität befand."

Tilmann sprach von einem Einzelgänger, der weder im realen Leben noch in Online-Netzwerken soziale Kontakte hatte. Hinweise auf Anstifter, Unterstützer oder Mitwisser des Angreifers gebe es nicht.

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Der 18 Jahre alte Österreicher hatte am 5. September 2024 mit einem Repetiergewehr aus ehemaligen Schweizer Armee-Beständen auf das Konsulat in der bayerischen Landeshauptstadt geschossen sowie auf das NS-Dokumentationszentrum in der Nähe. Er starb nach einem Schusswechsel mit Polizisten. Der junge Mann war mit dem Auto seiner Mutter über Freilassing nach München gereist. Er stellte es im Bereich des Generalkonsulats ab. Bis die Polizei auf ihn schoss und er tödlich verletzt wurde, dauerte es nach LKA-Angaben zwölf Minuten.

Danach ermittelten gut sechs Monate bis zu 100 Beamte in der nach dem Tatort benannten Sonderkommission "Karolinenplatz".

Anschlag auf Konsulat: Junger Täter hatte laut den Ermittlern "unreife Persönlichkeit"

Das israelische Generalkonsulat in München hätte das Ziel des vereitelten Anschlags werden sollen.
Das israelische Generalkonsulat in München hätte das Ziel des vereitelten Anschlags werden sollen.  © Matthias Balk/dpa

Den Ermittlern zufolge war der 18-Jährige ein sozial isolierter Einzelgänger. Nach Angaben aus dem österreichischen Innenministerium hatte der Vater des Angreifers seinen Sohn aber auch als psychisch auffällig wahrgenommen. Er sei ein intelligenter Schüler gewesen, der sich in der Pandemie-Zeit zu einem Einzelgänger entwickelt habe, hieß es. In der Schule sei er mit Sticheleien und Hänseleien konfrontiert gewesen.

Er sei in Schule und Ausbildung gescheitert, erläuterte Tilmann. Und er habe keine Strategien gefunden, um die Misserfolge zu bewältigen.

Der Täter habe schon im Jahr 2021 Symbole der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) in einem Computerspiel verwendet, teilten die Ermittler mit. HTS hatte Anfang Dezember mithilfe anderer Rebellen in Syrien den Langzeitmachthaber Baschar al-Assad gestürzt und wurde daraufhin in den Staat integriert.

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Der spätere Schütze habe sich im Internet zudem viele Inhalte angeschaut, die sich mit einer Benachteiligung von Muslimen befassten. Videos mit Bezug zum Krieg im Gazastreifen habe der spätere Schütze mit antisemitischen Kommentaren versehen und andere als "Ungläubige" bezeichnet. Er habe sich als Muslim ungerecht behandelt gefühlt, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin. Dies habe sich zu Beginn des Gaza-Kriegs zu einer israelfeindlichen Haltung gesteigert.

Der Täter reiste am Jahrestag des Olympia-Attentats im Jahr 1972 nach München - es gab laut Tilmann aber keine Anhaltspunkte dafür, dass er von diesem Datum wusste.

18-Jähriger versuchte mehrfach Waffen zu kaufen

Der Täter hatte Probleme das Konsulat zu finden und suchte mit einer Handy-App nach dem Gebäude.
Der Täter hatte Probleme das Konsulat zu finden und suchte mit einer Handy-App nach dem Gebäude.  © Peter Kneffel/dpa

Der Schütze hatte nach LKA-Erkenntnissen ab Juli 2024 mehrfach erfolglos versucht, Waffen zu kaufen. Einen Tag vor der Tat am 5. September 2024 erwarb der 18-Jährige demnach in Österreich das Repetiergewehr aus dem Jahr 1936. Bei der Tat war die Waffe zudem mit einem Bajonett versehen.

Der Verkauf einer solchen Waffe ist laut den Ermittlern in Österreich legal. Der Verkäufer habe zudem nicht gewusst, dass gegen den österreichischen Täter ein behördliches Waffenbesitzverbot bestanden hatte. Die Ermittler attestieren dem jungen Mann in der Zeit vor der Tat ein starkes Interesse an Schuss- und Stichwaffen.

Der Täter fand sein Anschlagsziel zunächst nicht. Er musste sich auf dem Gelände mit einer Handy-App orientieren, wie Sebastian Herre, Leiter der Soko, schilderte. Kameraaufzeichnungen machten deutlich: Der Täter habe sich "die Tatausführung um einiges anders vorgestellt".

Der 18-Jährige schoss demnach zunächst auf das Fenster eines anderen Gebäudes und kletterte dort hinein. Er sei im Erdgeschoss umhergeirrt, habe das Gebäude dann wieder übers Fenster verlassen, sagte Herre weiter.

Dass er mit dem Angriff auf das Konsulat keinen Erfolg hatte, lag auch daran, dass die Einrichtung wegen eines Gedenkens zum Jahrestag des Olympia-Attentats 1972 geschlossen war.

Erstmeldung 13.21 Uhr, zuletzt aktualisiert 14.40 Uhr

Titelfoto: Matthias Balk/dpa

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