Hat Corona hier geholfen? Musiker so kreativ wie nie
München/Wien - Gema-Mitgliedschaften steigen, Aufnahme-Equipment steht hoch im Kurs: Die Corona-Zeit nutzen Musiker und Hobby-Künstler vermehrt für das Komponieren eigener Songs - zumal Home-Recording heute einfacher und günstiger denn je ist.
Längere Zeit hat Jan Gott (45) schon keinen Song mehr geschrieben. Dabei war der gebürtige Münchner in jüngeren Jahren mehrfach knapp dran an einem Plattenvertrag, vielleicht sogar am künstlerischen Durchbruch.
Mit 13 Jahren begann er, Gitarre und Klavier zu spielen. Mal intensiver, mal weniger häufig - und momentan, in Corona-Zeiten: mehr denn je.
Er komponiert und nimmt in seinem neuen Studio in Wien Songs auf.
"Meiner Musik ist Corona sehr zugutegekommen", sagt der Fotograf im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.
Er habe sich störungsfrei auf den kreativen Prozess konzentrieren und sich seinen Tagesrhythmus frei einteilen können: "Meistens habe ich schon früh morgens mit dem Komponieren begonnen, mittags war die Grundidee eines Songs fertig."
Technisch gesehen sei es heute relativ simpel, musikalische Ideen digital festzuhalten. "Man braucht kaum mehr als einen Laptop und etwas technisches Verständnis", sagt der Wahl-Wiener. Um einen guten Song zu schreiben und im Heimstudio zu produzieren bedarf es aber natürlich noch etwas mehr: Know-how und Talent.
"Alles, was einfach und gut klingt, ist fast immer Ergebnis langer Erfahrung." Die bringt Gott allemal mit - deshalb erhofft er sich auch, dass es einer seiner neuen Songs ins Radio schafft. Endlich.
Zahl der Gema-Mitglieder steigt an, doch Erfolg ist nicht vorprogrammiert
Mit dieser Hoffnung steht er nicht alleine da. Das macht der Anstieg von Gema-Mitgliedern deutlich: "Die Zahlen der Anträge auf eine Mitgliedschaft bei der Gema sind im Zeitraum März und April 2020 im Vergleich zum Vorjahr fast doppelt so hoch", sagt Christin Wenke-Ahlendorf, Senior Social Media Managerin bei der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema).
In Zahlen: Während 2019 im März 348 Anträge auf eine Mitgliedschaft eingingen, waren es heuer 632. Ein Quantensprung.
Nicht wenige werden ihre neue Mitgliedschaft mit der Hoffnung auf einen Hit verknüpfen. Warmer Tantiemen-Regen inklusive.
Auf ihrer Website dämpft die Gema vorsorglich schon mal alle illusorischen Platten-Millionärs-Fantasien - mittels eines Online-Rechners. Damit können Autoren-Neulinge ausrechnen, ob sich die investierten 50 Euro für den Mitgliedsbeitrag überhaupt lohnen.
Die Ergebnisse sind: ernüchternd. Ein Song müsse über einen Spotify-Premium-Account beispielsweise mehr als 60.000 Mal gestreamt und ein Video auf Youtube sogar rund 700.000 Mal geklickt werden, damit sich der Beitrag amortisiert.
Um potenzielle Hit-Komponisten nicht abzuschrecken, hat die Gema eine bis Ende des Jahres dauernde Rabatt-Aktion für Musikautoren, die 1990 oder später geboren sind, gestartet.
Titelfoto: Jan Gott/dpa