Anschlag in München: Fehlinfos in der "Chaosphase", Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

München - Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf einen Demonstrationszug in München steht die Stadt unter Schock und sucht nach Antworten. Neue Details zum Täter geben Aufschluss über sein Motiv.

Blumen und Kerzen wurden am Tatort in München niedergelegt.
Blumen und Kerzen wurden am Tatort in München niedergelegt.  © Felix Hörhager/dpa

Am Donnerstag raste ein Asylbewerber (24) mit seinem Auto in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi. 36 Menschen wurden teils schwer verletzt, darunter auch Kinder.

Die Ermittlungen zu den Hintergründen laufen auf Hochtouren. Nach eigener Aussage handelte der 24-Jährige aus einem religiösen Motiv heraus.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte indes einen Haftbefehl wegen versuchten Mordes. Ein Richter entscheidet am Nachmittag über die Untersuchungshaft.

München: Mehr als 200.000 Teilnehmer! München demonstriert gegen rechts
München Mehr als 200.000 Teilnehmer! München demonstriert gegen rechts

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69) erschien am Morgen mit Ministerpräsident Markus Söder (58, CSU) und OB Dieter Reiter (66, SPD) zum stillen Gedenken am Tatort in der Innenstadt. Unweit davon beginnt derweil die Münchner Sicherheitskonferenz.

Update, 14. Februar, 19.24 Uhr: Gottesdienst nach Anschlag

Am Montag wird es im Liebfrauendom einen Gottesdienst geben, der sich an Betroffene, Angehörige und Einsatzkräfte des Anschlags in München richtet.

Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, und der evangelisch-lutherischen Landesbischof Christian Kopp würden laut Ankündikung den ökumenischen Gottesdienst leiten.

Außerdem würden weitere Vertreter von christlichen, muslimischen und jüdischen Gemeinden sollen daran teilnehmen. Der Gottesdienst soll ab 18 Uhr im Internet live zu sehen sein.

Update, 14. Februar, 18.59 Uhr: Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

Einsatzfahrzeuge vor der Justizvollzugsanstalt München. Am Freitag wurde der dringend tatverdächtige dem Ermittlungsrichter vorgeführt.
Einsatzfahrzeuge vor der Justizvollzugsanstalt München. Am Freitag wurde der dringend tatverdächtige dem Ermittlungsrichter vorgeführt.  © Felix Hörhager/dpa

Wie am späten Freitagnachmittag vermeldet wurde, hat inzwischen die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Das teilte die oberste Anklagebehörde Deutschlands in Karlsruhe mit.

"Es besteht der Verdacht, dass die Tat religiös motiviert war und als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen ist. Damit ist sie geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen", heißt es in einer Begründung.

"Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen werden vom Bayerischen Landeskriminalamt fortgeführt."

München: Asylbewerber (24) rast mit Auto in Verdi-Demo: Viele Verletzte - darunter auch Kinder!
München Asylbewerber (24) rast mit Auto in Verdi-Demo: Viele Verletzte - darunter auch Kinder!

Laut der leitenden Oberstaatsanwältin der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft in München, Gabriele Tilmann, soll der 24 Jahre alte Tatverdächtige nach seiner Tat gebetet und zuvor "Allahu Akbar" gerufen haben.

Nachdem er einem Ermittlungsrichter vorgeführt wurde, sitzt der Beschuldigte nun in einer JVA ein. Das Alter der Opfer liegt nach aktuellem Stand zwischen 2 und 60 Jahren. Ein Kind befindet sich nach Klinik-Angaben in einem kritischem Zustand.

Es stehe der dringende Verdacht des versuchten Mordes, der gefährlichen Körperverletzung und des schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Mittelpunkt der Ermittlungen.

Update, 14. Februar, 12.30 Uhr Polizei rechtfertigt Fehlinformation mit "Chaosphase"

Zunächst war der Täter von München als Ladendieb deklariert worden – doch das stimmt nicht. Die Polizei rechtfertigte diese Falschinformationen über den 24-Jährigen als menschlichen Fehler.

In der "Chaosphase" würden viele Informationen "virulent" rumgehen, so der Polizeipräsident Christian Huber. "Es dauert eine gewisse Zeit, bis man ein Bild bekommt." Dafür müsse man zunächst Daten zusammenführen.

Der Mann war im Zusammenhang mit Ladendiebstählen im System aufgetaucht. Wie sich herausstellte aber als Zeuge – und nicht als Beschuldigter!

Er habe nämlich als Ladendetektiv gearbeitet und deshalb Aussagen in dem Zusammenhang gemacht. Inzwischen wurde im Bayerischen LKA eine 140-köpfige "Soko Seidlstraße" eingerichtet.

Update, 14. Februar, 12.20 Uhr: US-Vizepräsident Vance kondoliert

US-Vizepräsident J.D. Vance (40) hat am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz seine Anteilnahme bekundet, auch im Namen seiner Frau.

"Wir sind sehr traurig über das, was passiert ist", sagte Vance bei einem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69) und Außenministerin Annalena Baerbock (44).

Er wünsche den Opfern und deren Familien nur das Beste und eine gute Genesung.

US-Vizepräsident J.D. Vance (40) sprach am Rande der Sicherheitskonferenz seine Anteilnahme aus.
US-Vizepräsident J.D. Vance (40) sprach am Rande der Sicherheitskonferenz seine Anteilnahme aus.  © Matthias Schrader/AP/dpa

Update, 14. Februar, 12.05 Uhr: Mini Cooper ist auf Täter zugelassen

Das Auto, mit dem ein 24-Jähriger bei dem Anschlag in München in eine Gruppe von Demonstranten gerast ist, gehörte nach Angaben der Ermittler dem Täter und war nicht gemietet.

"Es ist auf ihn zugelassen", sagte der Vizepräsident des bayerischen Landeskriminalamtes, Guido Limmer.

Der Mini habe zwar ein Rosenheimer Kennzeichen. "Aber es schaut derzeit so aus, dass er das Kennzeichen übernommen hat."

Update, 14. Februar, 11.50 Uhr: Tatvorwurf lautet versuchter Mord in 36 Fällen

Wie die Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann mitteilte, kommt der 24-Jährige am Nachmittag vor den Haftrichter.

Der genaue Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet: versuchter Mord in derzeit 36 Fällen, gefährliche Körperverletzung und gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, so Tilmann.

Update, 14. Februar, 11.40 Uhr: Täter hatte keine psychischen Probleme

Nach dem Anschlag auf eine Gruppe von Demonstranten in München gehen die Ermittler zunächst nicht von einer psychischen Erkrankung des Täters aus.

Es gebe bei dem 24-Jährigen bislang keine Anhaltspunkte auf psychische Probleme, die Auswirkungen auf die Tat gehabt haben könnten, sagte Gabriele Tilmann von der Generalstaatsanwaltschaft München.

Deshalb werde auch nicht beantragt, den Mann vorläufig in der psychiatrischen Unterbringung aufzunehmen.

Update, 14. Februar, 11.30 Uhr: Täter nach eigener Aussage religiös motiviert

Die Ermittler nehmen nun das Umfeld des Tatverdächtigen in den Fokus, erklärte Polizeivizepräsident Guido Limmer auf der Pressekonferenz am Freitag. Eine "gewisse islamistische Richtung" sei dabei in Nachrichten des 24-Jährigen in den sozialen Medien festgestellt worden. Die Ermittlungen stehen aber noch am Anfang. In einer Nachricht soll er sich von Personen mit den Worten "vielleicht bin ich morgen nicht mehr da" verabschiedet haben.

Laut Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann bezeichnete sich der Täter selbst als religiös. Er sei nicht vorbestraft. Auf Instagram sei der 24-Jährige als "Fitness-Model" aktiv gewesen.

Er gab an, bewusst in die Menschenmenge gefahren zu sein und gab ein islamistisches Motiv für seine Tat an, so Tilmann. Einer speziellen islamistischen Gruppe könne er derzeit aber noch nicht zugeordnet werden.

Update, 14. Februar, 11.20 Uhr: 36 Verletzte, darunter ein schwerst verletztes Kind

In Gedanken an die Opfer wurden Blumen und Kerzen am Tatort an der Seidlstraße niedergelegt.
In Gedanken an die Opfer wurden Blumen und Kerzen am Tatort an der Seidlstraße niedergelegt.  © Daniel Löb/dpa

Polizeipräsident Christian Huber berichtete auf einer Pressekonferenz am Freitagmittag von derzeit 36 Verletzten. Davon sind ein Erwachsener und ein Kind schwerst verletzt. Acht weitere Menschen trugen schwere Verletzungen davon, der Rest sei leicht verletzt, so Huber.

Ein zweijähriges Mädchen im Haunerschen Kinderspital befinde sich in kritischem Zustand auf der Intensivstation, hatte ein Sprecher des LMU Klinikums in München zuvor gesagt.

Am LMU Klinikum wurden an den beiden Standtorten Großhadern und Innenstadt insgesamt 14 Verletzte behandelt. Einige Patienten waren schwer verletzt, vier mussten den Angaben zufolge umgehend operiert werden.

Sechs Personen waren in Notfallzentren der München Klinik an den Standorten Schwabing und Bogenhausen gebracht worden. Die Verletzungen der Betroffenen reichten von leicht bis schwer, sagte ein Sprecher.

Drei weitere Verletzte wurden nach Auskunft einer Sprecherin am Klinikum Dritter Orden behandelt, vier am Rotkreuzklinikum München. Diese vier Patienten wurden inzwischen entlassen, wie eine Sprecherin mitteilte.

Am TUM Klinikum rechts der Isar waren zunächst fünf Menschen behandelt worden, von denen vier zwischenzeitlich entlassen wurden. Über weitere Entlassungen war zunächst nichts bekannt.

Update, 14. Februar, 10.40 Uhr: Bundespräsident Steinmeier zeigt sich erschüttert

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich nach dem mutmaßlichen Anschlag in München erschüttert gezeigt. "Die Brutalität dieser Tat wühlt uns auf, macht fassungslos!", sagte Steinmeier am Rande eines stillen Gedenkens am Tatort. Sein Mitgefühl gelte allen Opfern und Angehörigen.

"Der Täter hat 30 Menschen, darunter auch Kinder, zum Teil schwer verletzt", sagte der Bundespräsident. "Er hat seinen Wagen in eine Demonstration gesteuert, vermutlich um wahllos Menschen zu verletzen oder zu töten." Steinmeier sprach von einer entsetzlichen Gewalttat.

"Der Täter ist in Haft und wird nach Recht und Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden."

OB Dieter Reiter (66, SPD), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69) und Ministerpräsident Markus Söder (58, CSU) am Tatort in München.
OB Dieter Reiter (66, SPD), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69) und Ministerpräsident Markus Söder (58, CSU) am Tatort in München.  © Daniel Löb/dpa

Update, 14. Februar, 10.23 Uhr: Ermittler nehmen Social-Media-Post unter die Lupe

Zur Frage, ob der mutmaßliche Attentäter einen islamistischen Hintergrund haben könnte, soll ein Social-Media-Post des Mannes geprüft werden, sagte Bayerns Innenminister Joachim Hermann (68, CSU) am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. "Es hat wohl vorgestern einen entsprechenden Post gegeben, den aber Experten noch näher beurteilen müssen."

In dem Post komme der islamische Glaube zum Ausdruck. Aber es sei unklar, inwieweit der Post zu einem Radikalismus-Verdacht Anlass gäbe. "Aus den anderen Ermittlungsergebnissen erkennen wir bislang keine entsprechenden islamistischen Hintergründe, aber die Polizei steht ja erst am Anfang der Ermittlungen", berichtete Herrmann.

Ebenso ist laut Herrmann unklar, ob der Mann die Kundgebung eher zufällig ausgewählt hat. "Ist er gezielt auf diese Verdi-Demonstration los oder wollte er nur in irgendeine Menschenmenge, möglichst viele Menschen zu verletzen oder zu töten. All das muss geklärt werden", sagte Herrmann.

Genau wie die Frage, ob es Zufall war, die Tat am Tag vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz zu begehen. "Bisher haben wir zu keinem dieser Punkte konkrete Ergebnisse", sagte Herrmann.

Titelfoto: Daniel Löb/dpa

Mehr zum Thema München: