Anschlag in München: Grüne gegen Abschiebe-Verhandlungen mit Taliban

München - Nach dem Anschlag auf eine Verdi-Kundgebung in München wurden die schlimmsten Befürchtungen wahr: Eine 37-jährige Mutter und ihre zwei Jahre alte Tochter sind im Krankenhaus gestorben. Die Grünen haben die Forderung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (58, CSU) zu Verhandlungen über Abschiebeflüge mit den Taliban zurückgewiesen.

Die Menschen trauern um die Opfer des schrecklichen Anschlags.  © Pia Bayer/dpa

Am Donnerstag raste der Asylbewerber Farhad N. mit seinem Mini Cooper in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi. Mindestens 39 Menschen wurden teils schwer verletzt - ein Mädchen (†2) und seine Mutter (†37) starben an ihren Verletzungen.

Die Ermittlungen zu den Hintergründen laufen auf Hochtouren. Nach eigener Aussage handelte der 24-Jährige aus einem religiösen Motiv heraus und dementsprechend auch mit einer klaren Absicht.

Nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (68, CSU) gab es für die Behörden vor dem Angriff keinen Anlass, auf den späteren Täter aufmerksam zu werden.

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Alle neuen Entwicklungen zu dem schrecklichen Vorfall findet Ihr hier in unserem Liveticker.

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Update, 17. Februar, 6.28 Uhr: Debatte über Verhandlungen mit Taliban

Die Grünen sind gegen Verhandlungen über Abschiebungen mit den Taliban. "Solche gefährlichen Gewalttäter abschieben zu wollen, ist die Bekämpfung des Symptoms, nicht der Ursache", sagte die Grünen-Innenpolitikerin Lamya Kaddor (46) der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe). "Die meisten dieser islamistisch motivierten Täter radikalisieren sich erst in Deutschland, darauf sollten wir stärker blicken und massiv in Prävention investieren", forderte sie.

"Das Taliban-Regime ist ein menschenverachtendes Regime, das Frauen systematisch unterdrückt und dies in den letzten Monaten noch einmal verschärft hat", betonte Kaddor.

Immer wieder würden die Taliban ihre Bereitschaft bekunden, direkt mit der Bundesrepublik in Verbindung treten zu wollen, fügte sie hinzu. "Davor kann man nur warnen, da dies dem Aufbau offizieller diplomatischer Beziehungen gleichkommt, die wir aus gutem Grund bisher nicht aufgebaut haben."

Aus Sicht von Kaddor muss es nach den Anschlägen der jüngsten Zeit darum gehen, "im Sinne der Angehörigen und der Verletzten sensibel zu handeln und die Ermittlungen zu den jeweiligen Fällen abzuwarten", um entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

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Die Bundestagsabgeordnete Lamya Kaddor (46, Bündnis 90/Grüne).  © Christoph Reichwein/dpa

Update, 16. Februar, 16 Uhr: Festnahmen bei Demos

Am Rande zweier Demonstrationen nach dem Anschlag in München gab es mehrere Festnahmen. Weitere Infos dazu findest Du hier.

Update, 16. Februar, 13 Uhr: Demonstrationen nach Anschlag von München

Der Anschlag von München hat Demonstranten aus unterschiedlichen politischen Lagern auf die Straße gebracht. Am Königsplatz, nur einige hundert Meter vom Tatort entfernt, standen sich - teilweise im Schneetreiben - eine Mahnwache der AfD und eine Kundgebung von Gegnern einer politischen Instrumentalisierung gegenüber.

Laut Polizei hatte die Mahnwache am späten Vormittag rund 70 Teilnehmer, die andere Demonstration etwa 600. Beide Zahlen waren noch vorläufig. Die Polizei war mit zahlreichen Beamten vor Ort und hielt die Kundgebungen auf Abstand.

Update, 16. Februar, 8.55 Uhr: Markus Söder fordert Gespräche mit Taliban über Abschiebeflüge

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) müssten ab Montag direkt mit den Taliban über Abschiebeflüge reden, sagte der CSU-Chef der "Bild am Sonntag". "Es braucht jede Woche einen Flug."

Söder wies darauf hin, dass es allein in Bayern fast 2000 ausreisepflichtige Afghanen gebe. Knapp 200 von ihnen seien schwere Straftäter. "Ausreisepflichtige Afghanen müssen unser Land rasch verlassen und der Neuzugang über Visa-Vergaben muss auf absehbare Zeit gestoppt werden", forderte der CSU-Chef.

"Erst Aschaffenburg, jetzt München: Es reicht. Deutschland braucht einen Afghanistan-Sofortplan."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Verkehrsminister Volker Wissing (parteilos) (l.-r.) legen weiße Rosen an der Stelle nieder, wo am 13. Februar ein Auto in eine Ver.di Demonstration gerast war.  © Pia Bayer/dpa

Update, 15. Februar, 21.54 Uhr: Münchner Attentäter muss laut Olaf Scholz abgeschoben werden

Olaf Scholz (66, SPD) hat die Abschiebung des mutmaßlichen Täters angekündigt.

"Er wird nach dem Verbüßen seiner Strafe auch in das Land zurückgeführt, wo er herkommt", erklärte der Bundeskanzler bei einer Wahlkampfveranstaltung in München. Wer eine solche Tat begehe, könne sich "auf gar nichts mehr berufen". Er müsse für seine "unverzeihliche Tat" verurteilt werden. Scholz betonte ergänzend: "Das ist schon ganz schlimm, was hier passiert ist."

Eine Verurteilung der Tat in aller Deutlichkeit sei sehr wichtig, "um solche Taten zu verhindern". "Wir werden uns mit solchen Taten niemals abfinden." Es gelte, ein Zeichen zu setzen, "dass wir uns nicht spalten lassen, sondern zusammenstehen".

Olaf Scholz (66, SPD) hat den Anschlag in München erneut verurteilt.  © Sven Hoppe/dpa

Update, 15. Februar, 21.38 Uhr: Familie veröffentlicht nach Tod von Mutter und Tochter Statement

"Wir möchten uns zunächst bei denen herzlich bedanken, die aufrichtige Anteilnahme und Solidarität gezeigt haben. Wir bedanken uns bei den Hilfskräften, bei den Pflegekräften, Ärztinnen für die gute Unterstützung, Begleitung und für den emotionalen Beistand", heißt es einleitend in dem Statement, welches der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Amel sei in Algerien geboren und schon mit vier Jahren nach Deutschland gekommen, habe mit ihrem Mann und ihrer Tochter Hafsa seit 2017 in München gelebt, heißt es. "Amel war ein Mensch, der sich für Gerechtigkeit eingesetzt hat. War aktiv für Solidarität, Gleichheit und setzte sich für Arbeitnehmer*innenrechte ein und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung."

Ihr sei es wichtig gewesen, ihrer Tochter "diese Werte mitzugeben". Beide verloren bei dem schrecklichen Anschlag ihr Leben.

Es folgt ein eindringlicher Appell der Familie: "Wir möchten bekräftigen, dass der Tod und der Verlust nicht benutzt werden, um Hass zu schüren und ihn politisch zu instrumentalisieren. Wir haben mit dieser Erklärung alles gesagt und möchten eindringlich darum bitten, von Anfragen abzusehen, da die Trauer und der Verlust nun im Vordergrund stehen. Familie und Freunde."

Update, 15. Februar, 19.47 Uhr: Ministerpräsident Markus Söder trauert

"Es zerreißt einem das Herz", schrieb Ministerpräsident Markus Söder (58, CSU) auf X.

"All das tut so weh und ist so sinnlos. Ganz Bayern trauert." In Gedanken sei man bei den Angehörigen und hoffe und bete für die Verletzten.

Update, 15. Februar, 19 Uhr: Tote Frau war Mitarbeiterin der Stadt

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (66, SPD) teilte mit, dass die verstorbene Frau eine städtische Mitarbeiterin war.

"Sie und ihre Tochter wurden ermordet, als sie für ihre gewerkschaftlichen Rechte auf die Straße gegangen ist. Der Schmerz ist nicht in Worte zu fassen", so Reiter.

Update, 15. Februar, 18.50 Uhr: Innenminister Herrmann zeigt sich "tief betroffen und traurig"

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (68, CSU) hat sich nach dem Bekanntwerden der beiden Todesfälle geäußert.

"Ich bin tief betroffen und traurig angesichts dieses tragischen Todes. Ich bete für die Familie. Der Mörder muss jetzt mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe rechnen", so Herrmann gegenüber der Bild.

Auch der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke äußerte sich "zutiefst erschüttert und fassungslos" angesichts des Todes der Frau - "unserer Kollegin" - und ihres jungen Kindes. "Die Trauer über das Leid der Opfer des Anschlags von München wird so schier unermesslich", erklärte er.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (68, CSU).  © dpa | Sven Hoppe

Update, 15. Februar, 18.20 Uhr: Auch Mutter des Kindes erliegt ihren Verletzungen

Auch eine 37 Jahre alte Frau aus München ist zwei Tage nach dem Anschlag an ihren Verletzungen gestorben.

Das teilte das Bayerische Landeskriminalamt mit. Es soll sich bei der toten Frau um die Mutter des zuvor verstorbenen Kindes handeln! Mit ihrer Tochter im Kinderwagen soll sie die Verdi-Demo besucht haben.

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