Anschlag in München: Zahl der Verletzten steigt, Debatte über Abschiebungen

München - Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf einen Demonstrationszug in München steht die Stadt unter Schock und sucht nach Antworten. Der Tatverdächtige, ein 24 Jahre alter Afghane, sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft.

Der Tatverdächtige wurde am Freitag einem ERmittlungsrichter vorgeführt, der Haftbefehl erließ.
Der Tatverdächtige wurde am Freitag einem ERmittlungsrichter vorgeführt, der Haftbefehl erließ.  © Jason Tschepljakow/dpa

Am Donnerstag raste der Asylbewerber Farhad N. mit seinem Mini Cooper in eine Demonstration der Gewerkschaft Verdi. Mindestens 39 Menschen wurden teils schwer verletzt, ein Kind befand sich am Freitag nach Klinik-Angaben in kritischem Zustand.

Die Ermittlungen zu den Hintergründen laufen auf Hochtouren. Nach eigener Aussage handelte der 24-Jährige aus einem religiösen Motiv heraus und mit klarer Absicht.

Ein Ermittlungsrichter erließ am Freitag unter anderem wegen des dringenden Verdachts auf 39-fachen versuchten Mord Haftbefehl gegen den Mann.

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Alle neuen Entwicklungen zu dem schrecklichen Vorfall findet Ihr hier im Liveticker.

Update, 15. Feburar, 11.23 Uhr: Die Toten Hosen äußern sich

Die Toten Hosen haben sich auf Instagram zu Wort gemeldet. "Die Rechtsextremen jubeln heimlich über Gewalttaten wie in München oder Aschaffenburg, denn sie sind das Öl, das ihren Motor schmiert", so die Düsseldorfer Band.

Zorn und Angst seien keine guten Ratgeber. "Wir müssen einen klaren Kopf bewahren. Miteinander, nicht gegeneinander arbeiten." Die Demokratie stehe gerade weltweit auf wackeligen Beinen. "Sehen wir zu, dass sie in Deutschland stabil bleibt!"

Die Tat von München sei abscheulich und schockierend, die Anhäufung solcher brutalen Überfälle erschütternd und besorgniserregend. Allerdings: "Die Art und Weise, wie wir über sie diskutieren, steht bereits unter starkem Einfluss rechtspopulistischer Strategien, die unser Land und unsere Gesellschaft destabilisieren und spalten sollen, gerade auch in Zusammenhang mit der anstehenden Bundestagswahl."

Die Front verlaufe nicht zwischen Deutschen und "den Ausländern", sondern zwischen der Gesellschaft - mit allen Menschen egal welcher Herkunft und Nationalität - auf einer Seite und Gewalt, Hass und Intoleranz auf der anderen Seite. Wer eindeutig schuldig sei, müsse gegebenenfalls auch ausgewiesen oder abgeschoben werden. Das Grundrecht auf Asyl müsse aber erhalten bleiben, forderten die Toten Hosen.

"Unsere moralischen Wertvorstellungen sind ein hohes Gut und dürfen auch in schlimmsten Momenten nicht von Wut zerfressen oder infrage gestellt werden." Zugleich brauche eine bessere und differenzierte Migrationspolitik, auch zum Schutz der Zugewanderte, die friedlich in Deutschland lebten, betonte die Band auf Instagram.

Update, 15. Feburar, 10.35 Uhr: Zahl der Verletzten steigt

Übereinstimmenden Angaben von Bundesanwaltschaft und Polizei zufolge wurden bei dem Anschlag mindesten 39 Menschen verletzt.

Seit dem Freitagvormittag haben sich demnach weitere Opfer gemeldet. Zwischenzeitlich hatte es Verwirrung um die Opferzahl gegeben, nachdem die Zahl von 36 Verletzten parallel zum Vorwurf des 39-fachen versuchten Mordes kursiert war.

Update, 15. Feburar, 9.39 Uhr: Hitzige Debatte über Abschiebungen

Nach dem Anschlag werden die Rufe nach Abschiebungen nach Afghanistan lauter. "Alle Hebel müssen genutzt werden, um Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien durchzusetzen", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Und Straftäter, Islamisten oder Gefährder, die nicht abgeschoben werden könnten, sollten in unbefristete Abschiebehaft genommen werden.

Auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese pochte auf Abschiebeflüge. "Es muss unser Ziel sein, Direktflüge nach Afghanistan zur Rückführung ausreisepflichtiger Asylbewerber zu ermöglichen", sagte er dem "Stern".

Innenministerin Nancy Faeser signalisierte Kompromissbereitschaft für Änderungen in der Migrationspolitik. "Ich halte einen Kompromiss zwischen Union und SPD in der Migrationspolitik für notwendig und möglich", sagte die SPD-Politikerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Sie sei der Meinung, "dass es uns gelingen kann, in der demokratischen Mitte Lösungen zu finden".

Update, 15. Februar, 7.15 Uhr: Farhad N. in U-Haft

Gegen Farhad N. wurde am Freitag Haftbefehl erlassen. Er sitzt unter anderem wegen des dringenden Verdachts auf 39-fachen versuchten Mord in Untersuchungshaft. Die Ermittler gingen von Heimtücke, niedrigen Beweggründen und gemeingefährlichen Mitteln aus.

Update, 14. Februar, 19.24 Uhr: Gottesdienst nach Anschlag

Am Montag wird es im Liebfrauendom einen Gottesdienst geben, der sich an Betroffene, Angehörige und Einsatzkräfte des Anschlags in München richtet.

Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, und der evangelisch-lutherischen Landesbischof Christian Kopp würden laut Ankündikung den ökumenischen Gottesdienst leiten.

Außerdem würden weitere Vertreter von christlichen, muslimischen und jüdischen Gemeinden sollen daran teilnehmen. Der Gottesdienst soll ab 18 Uhr im Internet live zu sehen sein.

Update, 14. Februar, 18.59 Uhr: Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

Einsatzfahrzeuge vor der Justizvollzugsanstalt München. Am Freitag wurde der dringend tatverdächtige dem Ermittlungsrichter vorgeführt.
Einsatzfahrzeuge vor der Justizvollzugsanstalt München. Am Freitag wurde der dringend tatverdächtige dem Ermittlungsrichter vorgeführt.  © Felix Hörhager/dpa

Wie am späten Freitagnachmittag vermeldet wurde, hat inzwischen die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Das teilte die oberste Anklagebehörde Deutschlands in Karlsruhe mit.

"Es besteht der Verdacht, dass die Tat religiös motiviert war und als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen ist. Damit ist sie geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen", heißt es in einer Begründung.

"Die kriminalpolizeilichen Ermittlungen werden vom Bayerischen Landeskriminalamt fortgeführt."

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Laut der leitenden Oberstaatsanwältin der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft in München, Gabriele Tilmann, soll der 24 Jahre alte Tatverdächtige nach seiner Tat gebetet und zuvor "Allahu Akbar" gerufen haben.

Nachdem er einem Ermittlungsrichter vorgeführt wurde, sitzt der Beschuldigte nun in einer JVA ein. Das Alter der Opfer liegt nach aktuellem Stand zwischen 2 und 60 Jahren. Ein Kind befindet sich nach Klinik-Angaben in einem kritischem Zustand.

Es stehe der dringende Verdacht des versuchten Mordes, der gefährlichen Körperverletzung und des schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Mittelpunkt der Ermittlungen.

Update, 14. Februar, 12.30 Uhr Polizei rechtfertigt Fehlinformation mit "Chaosphase"

Zunächst war der Täter von München als Ladendieb deklariert worden – doch das stimmt nicht. Die Polizei rechtfertigte diese Falschinformationen über den 24-Jährigen als menschlichen Fehler.

In der "Chaosphase" würden viele Informationen "virulent" rumgehen, so der Polizeipräsident Christian Huber. "Es dauert eine gewisse Zeit, bis man ein Bild bekommt." Dafür müsse man zunächst Daten zusammenführen.

Der Mann war im Zusammenhang mit Ladendiebstählen im System aufgetaucht. Wie sich herausstellte aber als Zeuge – und nicht als Beschuldigter!

Er habe nämlich als Ladendetektiv gearbeitet und deshalb Aussagen in dem Zusammenhang gemacht. Inzwischen wurde im Bayerischen LKA eine 140-köpfige "Soko Seidlstraße" eingerichtet.

Update, 14. Februar, 12.20 Uhr: US-Vizepräsident Vance kondoliert

US-Vizepräsident J.D. Vance (40) hat am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz seine Anteilnahme bekundet, auch im Namen seiner Frau.

"Wir sind sehr traurig über das, was passiert ist", sagte Vance bei einem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (69) und Außenministerin Annalena Baerbock (44).

Er wünsche den Opfern und deren Familien nur das Beste und eine gute Genesung.

US-Vizepräsident J.D. Vance (40) sprach am Rande der Sicherheitskonferenz seine Anteilnahme aus.
US-Vizepräsident J.D. Vance (40) sprach am Rande der Sicherheitskonferenz seine Anteilnahme aus.  © Matthias Schrader/AP/dpa

Update, 14. Februar, 12.05 Uhr: Mini Cooper ist auf Täter zugelassen

Das Auto, mit dem ein 24-Jähriger bei dem Anschlag in München in eine Gruppe von Demonstranten gerast ist, gehörte nach Angaben der Ermittler dem Täter und war nicht gemietet.

"Es ist auf ihn zugelassen", sagte der Vizepräsident des bayerischen Landeskriminalamtes, Guido Limmer.

Der Mini habe zwar ein Rosenheimer Kennzeichen. "Aber es schaut derzeit so aus, dass er das Kennzeichen übernommen hat."

Update, 14. Februar, 11.50 Uhr: Tatvorwurf lautet versuchter Mord in 36 Fällen

Wie die Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann mitteilte, kommt der 24-Jährige am Nachmittag vor den Haftrichter.

Der genaue Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet: versuchter Mord in derzeit 36 Fällen, gefährliche Körperverletzung und gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, so Tilmann.

Titelfoto: Jason Tschepljakow/dpa

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