"Salome": Glitzer, Konfetti und ein Einkaufswagen voll abgetrennter Köpfe
Magdeburg - Am Samstagabend feierte die Oper "Salome" Premiere und Uraufführung am Theater Magdeburg. TAG24 war beim Premierenabend dabei und findet, selbst, wenn man das Unerwartete erwartet, ist man nicht genügend vorbereitet.

Bei "Salome" erwartet man das Drama von Oscar Wilde: Prinzessin Salome verliebt sich in einen Gefangenen, der sie aber nicht will. Sie tanzt den Tanz der sieben Schleier, daraufhin wird der Kopf des Gefangenen abgehackt und sie kann ihn so endlich küssen.
Diese Handlung bekommt man auch am Theater Magdeburg in der brandneuen Oper von Gerald Barry - es ist nur alles etwas verworrener.
Statt einem Tanz der sieben Schleier muss Prinzessin Salome auf einer Schreibmaschine tippen, statt einem abgeschlagenen Kopf gibt es einen ganzen Einkaufswagen voll und statt minimalistischen Kostümen und Bühne gibt es Glitzer, Konfetti und ganz viel Prunk.
Barrys etwa 70-minütige Oper parodiert unter der Regie von Generalintendant Julien Chavaz den Wilde-Klassiker, überspitzt die gegebenen Dynamiken aus dem Drama und prägt dabei eine absurde und aberwitzige Komik aus, auf die man sich erstmal einlassen muss.

"Salome" von Gerald Barry: Eine Oper in TikTok-Geschwindigkeit

"Salome" wird am Theater Magdeburg als "Oper in TikTok-Geschwindigkeit" angepriesen. Ganz so schnell ist es dann doch nicht, aber die Szenen und Gesangspartien wechseln tatsächlich in fast halsbrecherischem Tempo, sodass der Zuschauer erstmal mithalten muss.
Die Texte sind fast banal in ihrer Einfachheit und wechseln zwischen englischer, französischer und deutscher Sprache. Durch die ironische Inszenierung nimmt das Stück zuweilen einen fast Impro-Theater-ähnlichen Charakter an.
Neben einem traumhaften Orchester, dirigiert von Jérôme Kuhn, das durch Barrys Partituren fliegt und mit tonaler Akrobatik glänzt, überzeugt das Schauspielensemble auf allen Ebenen.
Soprane Alison Scherzer, die zuletzt bei Barrys "Alice im Wunderland" am Magdeburger Haus zu sehen war, und Amy Ní Fhearraigh, beim Publikum aus "Carmen" bekannt, erreichen als Salome und Königin unglaubliche Triller-Höhen.
Ist "Salome" einen Besuch wert?

Vincent Casagrande wird als Gefangener, der auf einer Wolke über die Bühne schwebt, den Zuschauern durch seine urkomische Art und den meisterhaft gesungenen Bariton noch nachhaltig im Gedächtnis bleiben.
Besonders hervorzuheben ist Timur, der in "Salome" den König mimt. Der Grammy-nominierte Tenor geht die Rolle mit einer irrwitzigen und exzentrischen Charakterisierung sowie einem wundervollen Gesang an und darf sich über Lauthals-Gelächter und viel Applaus von einem Publikum freuen, was vermutlich noch nichts Vergleichbares auf der Magdeburger Bühne genießen durfte. Bravo!
Fazit: Gerald Barrys neueste Kreation ist, um es knapp auszudrücken: originell. "Salome" kommt als Parodie schrill, komisch und überdreht daher, wird von einem Spitzen-Ensemble ganz meisterhaft gesungen und ist mit nichts auf dem Magdeburger Spielplan auch nur ansatzweise vergleichbar. Vergessen wird das Publikum so einen Abend wahrscheinlich nie - selbst, wenn es nicht jedermanns Geschmack ist.
Weitere Vorstellungen findet Ihr auf dem Spielplan des Theaters.
Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Gianmarco Bresadola, Theater Magdeburg/Edyta Dufaj