"Ödipus in der Giftfabrik" am Theater Magdeburg: Interessant, originell, sehenswert?
Magdeburg - Am Samstagabend feierte das Theater Magdeburg im Schauspielhaus Premiere des Bühnenessays "Ödipus in der Giftfabrik - Eine kleine Geschichte des Artensterbens". TAG24 war bei der ersten Vorstellung vor Ort.
Das Regisseur-Duo "les dramaturx", bestehend aus Lynn Takeo Musiol und Christian Tschirner, setzt sich in dem Stück, was man eher als künstlerischen Vortrag bezeichnen sollte, mit dem menschengemachten Klimawandel auseinander.
So begeben sich Musiol und Tschirner auf Spurensuche und decken auf, wie konkret in Deutschland in den letzten Jahrzehnten das Aussterben vieler Tierarten begünstigt wurde.
Gekonnt vereinen die beiden ihre Recherchen mit dem Mythos um Ödipus, um letztendlich zu dem Schluss zu kommen - wir sind für unser eigenes Verderben verantwortlich.
Losgelöst von Skript und jedweder festen Abfolge durchspielt das Bühnenessay vier Etappen.
Dabei sind abgesehen von einem Whiteboard und einem Flohzirkus - der nebenbei erwähnt ein komödiantisches Highlight ist - nur wenige Requisiten und Kostüme in Benutzung.
Die Geschichte des Artensterbens in unter 90 Minuten - mit Witz und Flöhen!
Auch scheint das Spiel zwischen Tschirner und Musiol, die man am Magdeburger Haus durch die Inszenierungen "Bitter Fields und "Meister Röckle" kennt, eher improvisiert als einstudiert.
Im Gegensatz zu "Monopoly - eine Besteigung des deutschen Schuldenberges", was in dieser Spielzeit dem Stil von "Ödipus in der Giftfabrik" noch am nächsten kommt, nehmen die zwei Regisseure keine Rollen ein.
Clever strukturiert vermitteln sie dem aufmerksam lauschenden Publikum ihre Fakten und spielen mit einem tollen und zuweilen angenehm trockenem Humor.
Ist "Ödipus in der Giftfabrik" am Theater Magdeburg einen Besuch wert?
Leider fehlt an einigen Stellen der rote Faden, was einerseits den langwierigen musikalischen und filmografischen Einspielern und andererseits der fast zu lockeren Struktur des Essays zuzuschreiben ist.
Zwar ist das Stück mit seinen nur etwa 75 Minuten Spieldauer kurz, fühlt sich aber durch die Passagen, in denen durch das Vortragen von chemischen Formeln und Zusammenhängen die Aufmerksamkeitsspanne des Publikums auf den Prüfstand gestellt wird, mindestens doppelt so lang an.
Und Lynn Takeo Musiol machte sich zudem sicherlich keine Freunde im Saal, als sie permanent "Magdeburg" mit langem A aussprach ;) .
Fazit: "Ödipus in der Giftfabrik" ist ein cleveres Bühnenessay von zwei cleveren Regisseuren. Mit viel Witz wenden sich Lynn Takeo Musiol und Christian Tschirner einem wichtigen Thema zu und präsentieren Fakten und Zusammenhänge gut veranschaulicht für Zuschauer, die sicherlich dankbar sind, diese Recherche nicht selbst betreiben zu müssen. Ist "Ödipus in der Giftfabrik" ein ausgeklügeltes, auf den Punkt geschauspielertes, mitreißendes Stück? Eher nicht. Erwartet man aber einen informativen, originellen, mit trockenem Humor abgerundeten Abend, dann kann man sich durchaus ein Kärtchen für das Bühnenessay sichern.
Weitere Vorstellungen findet Ihr auf dem Spielplan des Theaters.
Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Dorothea Tuch