"Die Hamletmaschine" am Theater Magdeburg: Die Höhen und Tiefen einer Spielplanänderung
Magdeburg - Achtung, Planänderung! Am Freitagabend feierte das Schauspiel "Die Hamletmaschine" Premiere am Theater Magdeburg. Es ersetzt das ursprünglich geplante "Das Spiel ist aus" von Jean-Paul Sartre. TAG24 war beim Premierenabend dabei - und hätte dann doch Sartre besser gefunden.
Wie die Schauspieldirektion erklärte, habe man sich aufgrund der weltpolitischen Lage dann doch zu "Die Hamletmaschine" umentschieden.
Das kennt man erstmal nicht? Die neunseitige Übersetzung bzw. Auseinandersetzung des Shakespeare Klassikers ist auch keineswegs ein bekanntes Stück.
Schauspieldirektorin Clara Weyde inszeniert den gewöhnungsbedürftigen Stoff des Dramatikers Heiner Müller in insgesamt neun Szenen, die mal mehr und mal weniger verständlich sind.
"Die Hamletmaschine" erforscht den Verlust von Hoffnung und, wie einer gesellschaftlichen Ordnung oft Gewalt zugrunde liegt - leider muss man schon ein großer Kenner sein (oder die Wikipedia-Seite des Stücks gewälzt haben), um diese Inhalte aus der Inszenierung herauslesen zu können.
Theater Magdeburg: Komik ist gewöhnungsbedürftig
Das Schauspiel arbeitet viel mit Gesang, Tanz und Bewegung. Hin und wieder kommen auch Slapstick-artige Gags, Kleidertausch und Kunstblut zum Einsatz - irgendwie muss man das wenige Material ja auf über zwei Stunden strecken. Die Komik ist dabei gewöhnungsbedürftig, der Körpereinsatz der zehn Darsteller dafür umso eindrucksvoller.
Schnelle, chaotische Szenen, in denen das Auge nie zur Ruhe kommt, wechseln sich ab mit ruhigen, fast Zeitlupen-artigen Bildern, die Hamlets Sinneswandel verdeutlichen.
Über die knapp 130 Minuten Spieldauer - die sich zuweilen noch länger anfühlen - kommt das zehnköpfige Ensemble in der Kulisse, die einer Ski-Hütte ähnelt, über lange Strecken ganz ohne Dialog oder nur mit einigen Worten und Lauten aus.
Was das Stück um einige Ränge hebt, ist das Engagement der Schauspieler. Zwar landen viele der Gags nicht so wie sie sollen, aber immerhin ist erkennbar, wie sehr die Darsteller Spaß an der Szenerie haben - und sich selbst das Lachen verkneifen müssen.
Ist "Die Hamletmaschine" einen Besuch wert?
Die Eröffnungsszene mit Philipp Kronenberg verheißt einen gelungenen Einstieg in den Abend. Ein großer Höhepunkt der Aufführung ist ein Monolog von Bettina Schneider, die hervorragend kindlich und verrückt den langsamen Verfall der Figur spielt - dafür bekam sie am Premierenabend sogar Szenenapplaus.
Zum Schluss, als Luise Hart die ganze Bühne und sich selbst anzünden möchte, darf auch sie nochmal eine großartige Performance zeigen - rotzig, verzweifelt, hysterisch - bei der sie ihr Riesen-Talent hinter nicht einem einzigen Kleidungsstück verstecken kann.
Fazit: "Die Hamletmaschine" ist ein weiterer kreativer und expressionistischer Neuzugang im Repertoire des Magdeburger Theaters. Abgesehen von einigen kraftvollen Monologen, viel Kunstblut und Chaos auf der Bühne hat das Schauspiel allerdings nicht viel zu bieten. "Die Hamletmaschine" spielt auf einen ganz konkreten Sinn für Humor ab, den die breite Masse wohl nicht aufweisen wird. Nach 130 Minuten Spieldauer fragt man sich dann eben doch, ob Sartre nicht besser angekommen wäre.
Weitere Vorstellungen findet Ihr auf dem Spielplan des Theaters.
Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Gianmarco Bresadola