Ballett "Vincent" am Theater Magdeburg: Standing Ovations für Tanz-Brillanz
Magdeburg - Am gestrigen Samstagabend feierte das Theater Magdeburg Premiere des neuen Balletts "Vincent". Damit stieg auch die Letzte von vier Sparten in die neue Spielzeit ein und machte direkt deutlich, was sie diese Saison zu bieten hat: reine Exzellenz!
Das neue Tanzstück aus der Feder von Ballettdirektor Jörg Mannes befasst sich mit dem Leben und Leiden des niederländischen Künstlers Vincent van Gogh.
Die dramatische, rasante und abwechslungsreiche Handlung ist in den Szenen sehr gut ersichtlich - selbst, wenn man sich nicht perfekt mit van Goghs Lebens- und Kunstgeschichte auskennt und vielleicht nur vorher kurz das Programmheft überflogen hat.
Nach einem ruhigen und fast traumhaften Start in den Abend schwingt sich die Dramatik spätestens mit dem zauberhaften Pas de deux zwischen Sien und Vincent auf den Höhepunkt. Chiara Amato und Joel Dettori sind solche Könner, dass sie die Figuren genau verstehen und ihre Kraft, Verzweiflung, Verwirrung und ihren Zwiespalt perfekt tänzerisch umsetzen.
Gespickt von dynamischen Gruppennummern, abgelöst von emotionalen Soli und kraftvollen Doppeln inszeniert Jörg Mannes diesen gequälten Maler auf seine eigene Art.
Theater Magdeburg eröffnet mit Ballett "Vincent" die Saison für die Tanz-Sparte
Ein interessanter und gekonnter Ansatz ist die Nutzung von Licht und Dunkel: Mal tanzt das Ensemble um eine große Sonne, mal ist die Bühne finster und nur mit drei hängenden Lampen ausgeleuchtet, und einmal bewegen sich die Tänzer um neonfarbene LED-Röhren.
Das Interessante: Es gibt nicht den einen Vincent-van-Gogh-Darsteller. Fast jeder der Tänzer darf die Hauptfigur übernehmen, manchmal gibt es sogar mehrere in einer Szene. Das lässt den Zuschauer aufmerksam bleiben und sorgt für eine schöne Dynamik auf der Bühne.
Die originelle Choreografie, die wie immer Einflüsse aus dem klassischen Ballett und etwas Hip-Hop und Contemporary beinhaltet, führt auf der Reise auch durch die Abgründe von Vincent van Goghs Leben.
Sein mentaler Zusammenbruch, sein Ausdruck in der Kunst, sein Aufenthalt in der Klinik, sein Tod. Ein weiterer Paukenschlag dieser Inszenierung ist das Doppel in der zweiten Hälfte, bei dem die traumhaften Fiammetta Gotta und Marco Marangio in einem imposanten Pas de deux (und besonders Gotta in atemberaubenden Verbiegungen!) zu sehen sind.
Die beiden werden dabei fast von einem engagierten und auf den Punkt dirigierten Orchester überschattet - aber eben nur fast.
Ballett zu Vincent van Gogh: Zwischen Licht und Schatten
Ist "Vincent" einen Besuch wert?
Dass ausgerechnet Joshua Hunt dem Ganzen noch das Sahnehäubchen aufsetzt, damit haben sicherlich alle im Publikum gerechnet.
Ganz ohne Worte schafft es Hunt glaubhaft, jeden auf diese emotionale Achterbahnfahrt mitzunehmen, bei der es lediglich einen Ausgang gibt: tosenden Applaus!
Das Ende des Balletts zählt zu einer der schönsten und berührendsten Szenen, die das Theater jemals auf die Bühne gebracht hat. Dass einige Zuschauer dann gar nicht warten, bis der Vorhang ganz unten ist, um in die stehenden Ovationen aufzuspringen, ist da wahrlich kein Wunder.
Fazit: Mit der ersten Tanz-Premiere der Spielzeit in Magdeburg hat die Ballett-Compagnie ein echtes Ausrufezeichen gesetzt. "Vincent" ist mitreißend, rührend, auf den Punkt getanzt - ein Meisterwerk, das sich Jörg Mannes in seinen prallgefüllten Trophäenschrank stellen kann. Es begeistert, die Tänzer wieder voll Kraft und Können auf der Bühne zu sehen, die Inszenierung ist zudem echt was fürs Auge und auch die Magdeburger Philharmonie zeigt ihren Elan in neun Musikstücken. Wer "Vincent" noch nicht gesehen hat, sollte sich jetzt Karten sichern, bevor sie weg sind. Denn die, die es schon gesehen haben, gehen sicherlich noch mal und noch mal und noch mal ...
Weitere Vorstellungen von "Vincent" findet Ihr im Spielplan des Theaters.
Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Ida Zenna