Nach Anschlag von Magdeburg: Eltern von André (†9) fühlen sich vom Staat im Stich gelassen
Magdeburg - Bei dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember kam der erst neunjährige André ums Leben. Nun haben seine Eltern etwas zu sagen.
Am gestrigen Dienstag, den letzten Tag des Jahres, haben Mutter Désirée G. und Stiefvater Patrick S. ein Video auf TikTok hochgeladen.
Darin drücken sie ihr Beileid für die anderen Opfer aus, aber auch ihre Fassungslosigkeit darüber, wie offizielle Stellen mit ihrer Situation umgehen.
"Nach der Anteilnahme, die ihr habt, könnt ihr darüber auch Bescheid wissen, dass uns derzeit der Staat und Magdeburg tierisch im Stich lassen", so Andrés Stiefvater.
Aktuell drohe das Paar mit rechtlichen Schritten, da scheinbar entschieden wurde, dass eine erneute Sichtung ihres Jungen "nicht zumutbar" wäre. "Wir sind jetzt bei Tag elf und mit jeder Sekunde schwindet die Hoffnung, dass wir unser Kind nochmal sehen dürfen", so Désirée G. mit Tränen in den Augen.
"Ich versteh' nicht, warum man eine Mutter noch so leiden lässt."
Staatliche Hilfen sind bisher nicht angekommen
"Wir haben noch keinerlei Hilfe von irgendwem da oben bekommen", fährt die Mutter fort. Jede Hilfe und Seelsorger seien privat organisiert, die Regierung habe sich dazu nicht einmal bei ihnen gemeldet.
Vom Opferschutz habe das Paar lediglich einen Formbrief mit gedruckten Unterschriften erhalten, erzählt Désirée G. bestürzt.
"Ich kann nichts dafür, dass mein Kind an dem Tag ums Leben gekommen ist", schluchzt die fünffache Mutter.
"Und ich kann auch nicht den Polizisten irgendeine Schuld geben, die mit ihrem blöden Auto 30 Meter weit weg standen, ich will auch nicht in deren Haut stecken".
Letztendlich sei der Attentäter Taleb A. (50) an Andrés frühzeitigen Tod Schuld. Sowie der Staat, der nicht rechtzeitig eingegriffen habe, obwohl der saudi-arabische Arzt über Jahre mit Anschlagsdrohungen aufgefallen ist.
Es sei vor allem eine Qual für die Eltern, ihren Jungen nicht noch einmal sehen zu können. "Das wird ganz bis nach oben gehen, wir werden alles in unserer Macht Stehende tun", verspricht Patrick S..
Das Video des Paares hat momentan fast 81.000 Likes und wurde schon 33.600 Mal geteilt.
Überwältigende Unterstützung: Familie bedankt sich für Spenden
Bei einer Spendenaktion auf GoFundMe sind schon fast 125.500 Euro zusammengekommen, um Andrés Familie zu unterstützen.
Die Aktion wurde von Franziska H. erstellt, einer Arbeitskollegin und Freundin von Andrés Mutter. Zwischendurch wurde sie sogar gestoppt, weil so viel Geld zusammengekommen ist.
Da es laut der Arbeitskollegin allerdings immer wieder Bitten von Spendern gab, die Aktion wieder freizugeben, kann inzwischen wieder etwas beigesteuert werden.
"Im Namen von André's Familie soll ich ein riesen großes Dankeschön ausrichten!!! Sie sind einfach nur überwältigt!", schreibt Franziska H. auf der Spendenseite.
Das überschüssige Geld, was nicht für die Beerdigung und das Grab gebraucht werde, soll anderen Opfern des Anschlags zugutekommen.
Titelfoto: Bildmontage: Screenshot: TikTok/@mamivonfuenf, Sebastian Kahnert/dpa