"Wolken.Heim" am Theater Magdeburg: Schwierig auf der ganzen Bandbreite
Magdeburg - Am Samstagabend feierte das Schauspiel "Wolken.Heim" Premiere am Theater Magdeburg. Das Schauspielhaus legt damit ein schwieriges Stück vor - in jeglicher Hinsicht.
"Wolken.Heim", im Original aus der Feder der Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, befasst sich mit den Hintergründen und der Identität des deutschen Nationalismus.
Ein schwieriger Text, der sich aus Schriften von Hölderlin, Hegel, Heidegger, Fichte, Kleist und der RAF zusammensetzt, gleichzeitig auf eine klare Rollenverteilung im Stück verzichtet, und durchgehend von einem einzigen "Wir" spricht.
Regisseur Florian Hein besetzt das Schauspiel mit vier Ensemble-Mitgliedern und einem Chor, und webt so wuchtige Monologe mit Gesangselementen zusammen.
Das Bühnenbild, gestaltet von Elizaweta Veprinskaja, gleicht einem dreckigen, abgefrackten, fast gruseligem Dorf, was die Ernsthaftigkeit und Wichtigkeit dieses Stücks gut unterstreicht. Zusätzlich arbeitet "Wolken.Heim" mit verschiedenen Sound- und Lichteffekten.
Das besondere an der Inszenierung ist der zehnköpfige Chor, der die Hauptdarsteller mit Gesängen und Sprechchören unterstützt und (leider) oft übertönt. Die Sänger wechseln von Flüstern auf Schreien, von engelsgleichen Melodien zu verstörenden Chansons, die Gänsehaut verleihen.
"Wolken.Heim" am Theater Magdeburg überzeugt mit Schauspiel-Können - das war's auch schon
Was "Wolken.Heim" in Magdeburg richtig gut macht, ist die Schauspielerei - auch wenn man vom Ensemble inzwischen ja sowieso nichts anderes erwartet.
Julia Buchmann, Oktay Önder, Michael Ruchter und Carmen Steinert bringen die schwellenden, schwierigen Textpassagen erstaunlich souverän und mit vollem Körpereinsatz über die Bühne. Besonders Buchmann und Ruchter schinden nachhaltig Eindruck. Ob mit Dramatik, Wut, Naivität oder sogar angesetzter Komik grenzen sie ihre Rollen, auch ohne Namen, somit gut ein und setzen sich, ganz intim, mit den Themen Heimat, Blut, Boden, Nation und Religion auseinander.
Das schiere Können der Darsteller ist es auch, was dem Zuschauer durch den Abend hilft.
Ist "Wolken.Heim" am Theater Magdeburg einen Besuch wert?
Einige Schauspiel- bzw. Inszenierungsansätze lassen allerdings Fragen offen und geben zu bedenken, ob die Schauspieler (oder der Regisseur) die anspruchsvollen Texte genauso wenig verstanden haben wie ein Großteil des Publikums.
Manchmal sind es deplatzierte Versuche an Komik, die sich nicht so wirklich auszahlen, oder seltsame Intonationen und sogar eine Komiker-Parodie.
Heins Inszenierung ist an vielen Stellen erschreckend eindrucksvoll, bleibt aber für die 90-minütige Spieldauer fast durchgehend todernst und eiskalt.
Was funktionieren kann, bei diesem Stück aber leider nach hinten losgeht, und es dann schon einen schreienden Oktay Önder oder einen sich entkleidenden Michael Ruchter brauch, um die Aufmerksamkeit des Publikums zurückzuholen. Das Stück ist einfach zu zäh, um einer breiten Masse wirklich gefallen zu können.
Fazit: Allgemein ist der Abend bedauerlicherweise komplett schwierig - sowohl der Inhalt, als auch das fast gänzliche Fehlen einer klaren Handlung. Die inhaltliche Thematik ist erschlagend relevant, oft diskutiert, und eindrucksvoll, ja. Aber "Wolken.Heim" kann, außer ein paar wenigen wirklich guten Monologen, die man eben auch in anderen Stücken wie "Jagdszenen" oder "Blutbuch" am Magdeburger Schauspielhaus sehen kann, leider nicht punkten. In vier Worten zusammengefasst: Beeindruckend, wem es gefällt.
Weitere Vorstellungen von "Wolken.Heim" findet Ihr im Spielplan des Theaters.
Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Katrin Ribbe