Wasserfall auf der Bühne! "Lydia/Le Sacre du Printemps" vereint Tradition mit Moderne

Magdeburg - Am Magdeburger Theater stand nun auch die erste Tanz-Uraufführung des Jahres an. TAG24 war bei der Premiere von "Lydia" und "Le Sacre du Printemps" dabei. Soviel vorweg: Beide Tanznummern sind absolut originell!

Das Tanzstück "Lydia" feierte am Samstagabend Uraufführung und probiert sich erfolgreich an einer modernen Adaption eines Romans.
Das Tanzstück "Lydia" feierte am Samstagabend Uraufführung und probiert sich erfolgreich an einer modernen Adaption eines Romans.  © Theater Magdeburg/Bettina Stöß

Der Vorhang öffnete sich und "Lydia" stand in den Startlöchern. Mit abstrakten Bewegungen stellte die Magdeburger Dance-Compagnie den weiblichen Freiheitsdrang dar. Die Titelfigur des 1848 in Magdeburg erschienen Romans "Lydia" spiegelt das unkonventionelle Leben der Autorin Louise Aston wider.

Die Uraufführung aus der Feder des jungen Choreografen Philippe Kratz wechselte von techno-ähnlichen Beats mit englischem Voice-Over zur klassischen Musik, beigesteuert durch das (wie immer) grandiose Orchester.

Dabei spielte die Tanznummer nicht nur mit extravaganten Bewegungen, sondern machte sich auch das Schattenspiel des minimalistischen Bühnenbilds zunutze.

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Die 20 Tänzer vermittelten eine zuweilen düstere und gruselige Atmosphäre, die aber definitiv zum Thema der Performance passte: Freiheitsdrang, Durchsetzungsvermögen und alle seinen Schattenseiten. Eine genaue Handlung war allerdings, zumindest auf einen ersten Blick, nicht unbedingt absehbar. Man brauchte schon ein gewisses Vorstellungsvermögen, um bei den grüngekleideten Figuren Handlungsmuster erkennen zu können.

Mit "Lydia" macht das Theater Magdeburg auch im neuen Jahr dem Versprechen alle Ehre, nun mehr auf modernere Adaptionen und Produktionen zu setzen. Allerdings bleibt dabei besonders das ältere Publikum, was traditionelles Ballett erwartet, eher auf seinen Plätzen.

Aber auch alteingefahrene Zuschauer sollen in der zweiten Hälfte des Abends auf ihre Kosten kommen...

Die Magdeburgerin Louise Aston schrieb den gleichnamigen Roman, der sich besonders mit dem weiblichen Freiheitsdrang befasst.
Die Magdeburgerin Louise Aston schrieb den gleichnamigen Roman, der sich besonders mit dem weiblichen Freiheitsdrang befasst.  © Theater Magdeburg/Bettina Stöß

"Le Sacre du Printemps" bringt dramatisches Ballett auf die Bühne - und einen Wasserfall!

"Le Sacre du Printemps", oder auch "Das Frühlingsopfer", bringt einen überraschenden echten Wasserfall auf die Opernhaus-Bühne.
"Le Sacre du Printemps", oder auch "Das Frühlingsopfer", bringt einen überraschenden echten Wasserfall auf die Opernhaus-Bühne.  © Theater Magdeburg/Bettina Stöß
Auf einer klitschnassen Bühne schlittern die Tänzer über den Boden und verleihen ihrer Darbietung noch das gewissen Etwas.
Auf einer klitschnassen Bühne schlittern die Tänzer über den Boden und verleihen ihrer Darbietung noch das gewissen Etwas.  © Theater Magdeburg/Bettina Stöß

Als sich der Vorhang nach dem ersten Applaus zum zweiten Mal öffnet, mag man zunächst seinen Augen nicht trauen. Die Kostüme der Tänzer sind hautfarben, auf den ersten Blick erscheinen sie somit komplett nackt.

Auch sonst ist die Bühne leer, aber eine Inszenierung, die die kraftvollen Klänge von Igor Stravinskys "Le Sacre du Printemps" so gekonnt adaptiert, braucht kein Bühnenbild um abzulenken oder zu kompensieren.

Wie auch zuvor bei "Verklärte Nacht/Mahler 4" nutzte auch dieses Mal das Magdeburger Opernhaus die Kunst, zwei kürzere Tanzstücke an einem Abend miteinander zu verbinden.

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Man merkt die Magdeburger Formel solcher Doppelvorstellungen: Das umwerfendere der beiden Nummern kommt zum Schluss. Das soll an dieser Stelle kein Negativpunkt sein, denn: Es funktioniert!

"Le Sacre du Printemps", ursprünglich choreografiert durch den populären Slowenen Edward Clug, ist ein haushoher Erfolg! Die Handlung, die dramatische Wahl des Frühlingsopfers, wird durch eindrucksvolle Synchron-Tänze und Bewegungsexplosionen dargestellt. Das Orchester spielte nebenbei in atemberaubender Schnelligkeit, die Tänzer packten so viel Leidenschaft in jede noch so kleine Bewegung, man traute sich gar nicht zu blinzeln!

Als wären die großartigen Tanzkünste des Ensembles nicht schon genug, so hatte die Produktion noch ein Ass im Ärmel. Wenn man gerade in der Darbietung versunken war, krachten plötzlich dicke Wasserfälle von oben herab. Da stand so manchem Zuschauer die Kinnlade offen. Auf der nun klitschnasse Bühne glitten und schlitterten die Tänzer (wortwörtlich) von einer Seite auf die andere und lieferten ein Knaller-Ende, was mit tosendem Applaus und Bravo-Rufen belohnt wurde. Und das zurecht!

Fazit: Zwar versucht sich "Lydia" an einer moderneren Herangehensweise an die Tanzkunst, die sicherlich nicht jeden im Publikum abholen wird. Trotzdem sind die techno-ähnlichen Klänge und ruckartigen Bewegungen besonders für aufgeschlossene Tanzfans ein Novum, was gefallen kann. Spätestens "Le Sacre du Printemps" holt dann wirklich jeden aus dem Stuhl und bietet eine Performance, wie man sie selten so gut gesehen hat. Wegen sowas geht man ins Ballett!

Weitere Vorstellungen von "Lydia/Le Sacre du Printemps" findet Ihr auf dem Spielplan des Theaters.

Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Bettina Stöß

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