"Sex und Kartoffeln" am Theater Magdeburg: Publikum pfeift, errötet und weint

Magdeburg - Mit der Uraufführung "Sex und Kartoffeln" bringt das Theater Magdeburg das Sexualverhalten der Magdeburger rührend, witzig und ungeniert auf die Bühne. Und soviel vorab: Es geht kaum besser als dieses Stück.

In "Sex und Kartoffeln" am Magdeburger Theater geht es um eben das - Sex und Kartoffeln.
In "Sex und Kartoffeln" am Magdeburger Theater geht es um eben das - Sex und Kartoffeln.  © Theater Magdeburg/Andreas Lander

150 Menschen wurden befragt: Woran denkst du, wenn du an Sex denkst? Woran denkst du, wenn du an Kartoffeln denkst?

Die nichtmal 90-minütige Performance aus der Feder von Anna Kristine Linke wertet eben genau diesen Fragebogen aus und bringt alles unzensiert auf die Bühne - eben Sex und Kartoffeln.

Dabei wird der Zusammenhang dieser beiden Dinge erst zum Schluss so richtig klar. Wird man nach seinem liebsten Kartoffel-Geschmack gefragt, hat jeder eine Antwort parat. Doch sobald es um Sex geht, bleiben die Fragen unbeantwortet, immerhin ist es ja peinlich und tabu über Sex zu reden! Dabei sind beide Dinge doch eigentlich ganz natürlich und oft Teil des täglichen Lebens.

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Linke schrieb mit "Sex und Kartoffeln" ein Stück, was wirklich alles kann. Die Performance ist urkomisch, skurril, lehrreich, ergreifend und regt die Fantasie an. Das Publikum lacht schrill, pfeift, gibt Szenenapplaus, staunt und wischt sich das ein oder andere Tränchen weg.

Das vierköpfige Ensemble bringt in 90 Minuten ein unterhaltsames und rührendes Stück auf die Bühne...
Das vierköpfige Ensemble bringt in 90 Minuten ein unterhaltsames und rührendes Stück auf die Bühne...  © Theater Magdeburg/Andreas Lander

"Sex und Kartoffeln" am Theater Magdeburg: Ist es einen Besuch wert?

...und menschengroße Kartoffeln gibt es auch.
...und menschengroße Kartoffeln gibt es auch.  © Theater Magdeburg/Dorothea Tuch

Das vierköpfige Ensemble, bestehend aus Luise Hart, Lorenz Krieger, Oktay Önder und Isabel Will. Oft sind es Stücke wie diese, bei denen mit Publikum und Impro gespielt wird, die einen Schauspieler so richtig zum glänzen bringen. Und glänzen tun sie allemal.

Die urkomischen Szenen, wie etwa das erotische Schälen von Gemüse oder menschengroße Kartoffeln, die einen Ausdruckstanz ausüben, werden unterbrochen durch dramatische und tiefgründige Monologe und Szenenbilder. In keiner Sekunde ist das Stück langweilig oder vorhersehbar, 70 Minuten starrt das Publikum wie gefesselt auf die kleine Studiobühne.

Die Inszenierung nimmt kein Blatt vor den Mund: Es geht um Selbstbefriedung, queeren Sex und sexualisierte Gewalt. Wichtige Themen, die (glücklicherweise!) auch als solche stehen gelassen werden dürfen, ohne direkt verlacht zu werden. An diesem Abend fliegt alles, was sonst nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert wird, raus ins Publikum. Weg mit dem Tabu und der Peinlichkeit! Trotzdem wirkt die Darbietung zu keiner Zeit übertrieben schlüpfrig oder kindisch, auf Nacktheit oder alberne, suggestive Bewegungen wird (größtenteils) verzichtet.

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Der ganze Abend fühlt sich an, als wäre man wieder Teenager und tuschelt mit seinen Freunden unter der Bettdecke - wortwörtlich, denn in der zweiten Hälfte wird ein großes Laken über die Zuschauer geworfen. Man fühlt sich vertraut mit dem Ensemble auf der Bühne und sogar seinen Sitznachbarn und möchte am liebsten selbst seine dunkelsten und pikantesten Geheimnisse weitererzählen. Es ist ein großes Können einen ausverkauften Saal völlig unterschiedlicher Menschen so zu vereinen - und das "nur" mit einem Theaterstück.

Fazit: Wen die Skurrilität des Titels erstmal abschreckt, der sollte das dringend hinter sich lassen. "Sex und Kartoffeln" ist ein Performance-Abend mit großartiger Schauspielkunst, einer subtilen Komik, die immer genau dort landet, wo sie soll, und dem Enttabuisieren von Sex - und leckere Kartoffelsuppe gibt es am Ende auch. "Sex und Kartoffeln" von Anna Kristine Linke ist witzig, traurig, mitreißend und einfach unglaublich gut. Das müsst Ihr sehen!

Weitere Vorstellungen von "Sex und Kartoffeln" findet Ihr im Spielplan des Theaters.

Titelfoto: Bildmontage: Theater Magdeburg/Andreas Lander,Theater Magdeburg/Dorothea Tuch

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