Magdeburg - Seit dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt mit über 200 Verletzten und fünf Toten vor genau einer Woche kommt es vermehrt zu rassistischen Anfeindungen.
In Magdeburg haben um die 10 Prozent der Einwohner keine deutsche Staatsangehörigkeit, wie die taz berichtet.
Diese Personen werden seit Anfang der Woche vom Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt dazu angehalten, nicht mehr allein oder im Dunkeln in der Landeshauptstadt unterwegs zu sein.
Seit der saudi-arabische Arzt Taleb A. (50) mit einem Auto in die Menschenmenge gefahren ist, haben sich rechte Gruppen mobilisiert - schon kurz nach dem Anschlag streiften sie gewaltbereit durch die Stadt, um Menschen anzufeinden, die ihnen nicht deutsch genug aussahen.
Dass Taleb A. seinen sozialen Medien zufolge selbst islamfeindlich und AfD-Fan war, scheint für jene Gruppen hinter seiner Abstammung zu verblassen. Vom Verfassungsschutz hingegen wird er inzwischen als rechtsextrem eingestuft.
Die taz hat mit mehreren Personen gesprochen, die wegen ihres Aussehens angefeindet und teils körperlich angegriffen wurden - darunter eine Intensivkrankenpflegerin, die kurz vorher im Uniklinikum noch um das Leben der Anschlagsopfer gekämpft hat.
Schlimme Anfeindungen auf offener Straße
Zu Weihnachten ließ sich die Krankenpflegerin nach ihrer Schicht von ihrem Mann abholen, da sie nicht alleine unterwegs sein wollte.
Als sie am Hasselbachplatz einen Stopp einlegten, um sich Essen zu holen, habe ein Betrunkener angefangen, das Paar zu beleidigen und gegen deren Fensterscheibe zu schlagen.
"Scheiß Ausländer, scheiß Araber, verpisst euch aus meinem Land, wir bringen euch um, wir werden euch vergasen", habe er parallel zu einem Hitlergruß gerufen.
Die beiden riefen die Polizei und versuchten, den Mann zu umfahren, bis sie bei einem Pärchen hielten, das fragte, ob alles okay sei. Da kam der Betrunkene und habe ihrem Mann mehrfach ins Gesicht geschlagen. Als sie eingreifen wollte, habe auch sie eine Faust ins Gesicht bekommen.
Beide seien in der Notaufnahme der Uniklinik gelandet, wo sie noch kurz vorher gearbeitet hatte.
"Ich fühle mich einfach nicht mehr sicher und habe Angst um mich, meine Familie und meine Freunde, weil ich einfach weiß, dass es nicht das erste und das letzte Mal ist und wir nicht die Einzigen sind, die davon betroffen sind", so die Krankenschwester gegenüber der taz.
Klinikum Olvenstedt: "Wir wären ohne Kollegen aus anderen Ländern von heute auf morgen dicht"
Am Montag äußerte sich das Klinikum in Olvenstedt auf Facebook zu der ausländerfeindlichen Stimmung in der Stadt.
Als sie den "Massenanfall von Verletzten" nach dem Anschlag empfingen, hielten alle zusammen: "Mitarbeitende aus über 20 Nationen. Es spielte keine Rolle, aus welchem Land jemand kam. Oder welcher Religion er angehörte. Menschen halfen Menschen, weil sie Menschen waren."
Das Krankenhaus wäre ohne die Kollegen aus anderen Ländern "von heute auf morgen dicht", heißt es in dem Post. "Wir hätten also nicht helfen können, als es darauf ankam. Wir hätten die Erwachsenen und Kinder nicht retten können."