Kriminologin nach Magdeburg-Anschlag: "Klassiker für einen Amoklauf"

Von Simon Kremer

Magdeburg - Rund drei Wochen nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt wird Kritik am Datenaustausch zwischen den Polizeibehörden lauter.

Kriminologin Britta Bannenberg (60) erklärte wie schwierig es sei Attentäter wie Taleb A. frühzeitig zu erkennen.
Kriminologin Britta Bannenberg (60) erklärte wie schwierig es sei Attentäter wie Taleb A. frühzeitig zu erkennen.  © Christoph Gollnow/dpa

"Wir haben eine föderale Datenstruktur in der Polizei und das ist ein bisschen ein Kern des Problems", sagte der Bundesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow, in der MDR-Sendung "Fakt ist".

Seit 2020 beschäftige sich die Innenministerkonferenz mit der Früherkennung von potenziellen Amokläufern und Attentätern. Das Problem solcher Täterpersönlichkeiten sei erkannt. Es sei aber sehr schwierig, polizeiliche Daten zusammenzuführen.

Gegen den Attentäter von Magdeburg, einen 50 Jahre alten Arzt aus Saudi-Arabien, lagen nach Angaben von Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (54, CDU) an unterschiedlichen Stellen Informationen bei den Behörden vor.

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Unter anderem habe es Informationen aus Saudi-Arabien gegeben, weil das Land den Mann als Bedrohung angesehen habe. Sie bekräftigte allerdings, dass das Ziel eine gemeinsame Datenplattform sein müsse. Die Entscheidung dazu sei von der Innenministerkonferenz schon 2016 getroffen worden. "Wir sind schon mitten in der Umsetzung", sagte Zieschang.

Allerdings müsse eine neue IT-Struktur aufgebaut werden. "Wir müssen die gemeinsame Datenplattform deutlich forcieren."

Schon vor Weihnachtsmarkt-Anschlag: Taleb A. wurde sechsmal angezeigt!

Der 50-jährige Arzt tötete am 20. Dezember bei einem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt sechs Menschen und verletzte knapp 300.
Der 50-jährige Arzt tötete am 20. Dezember bei einem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt sechs Menschen und verletzte knapp 300.  © Heiko Rebsch/dpa

Die Professorin für Kriminologie an der Universität Gießen, Britta Bannenberg (60), betonte jedoch, wie schwierig es sei, solche Täter frühzeitig zu identifizieren.

"Diese Amoktaten sind gerade deshalb ein Problem, weil sie nicht zur Handlungsroutine der Sicherheitsbehörden gehören", sagte Bannenberg.

Es gebe allerdings empirische Erkenntnisse für solche Einzeltäter und wenn diese Personen gegenüber anderen Aussagen tätigten, die auf einen Anschlag hindeuteten, dann sei dies ein Klassiker für einen Amoklauf. Die Polizei habe hier die Aufgabe der Gefahrenabwehr, wenn nötig auch mit Hilfe von Psychologen.

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Der Attentäter hatte sich bereits früher radikal in den sozialen Netzwerken geäußert und auch gegenüber Behörden gedroht. Insgesamt wurden nach Angaben von Innenministerin Zieschang in der Vergangenheit sechs Anzeigen gegen Taleb A. erstattet, 13 Strafanzeigen stellte er selbst. Die Innenministerin wies darauf hin, dass der Beschuldigte in Sachsen-Anhalt zu keinem Zeitpunkt verurteilt worden sei.

Kurz vor Weihnachten war der 50-jährige Mann mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt der Elbestadt gerast. Bislang sind sechs Menschen gestorben, darunter ein neunjähriger Junge. Zudem gab es knapp 300 Verletzte.

Titelfoto: Bildmontage: Heiko Rebsch/dpa, Christoph Gollnow/dpa

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