Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt: Taleb A. war in sieben Verfahren involviert!
Von Christopher Kissmann
Magdeburg - Allein in den beiden Jahren vor dem Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt ist der Täter Taleb A. (50) in sieben Ermittlungsverfahren in Erscheinung getreten. Dabei trat er in fünf Fällen als Anzeigenerstatter auf und war in zwei Fällen Beschuldigter.
In einem Fall hatte Taleb A. einen Rechtsanwalt, der ihn einst in einem Verfahren vertreten hatte, sowie dessen Familie und Kanzleimitarbeiter bedroht. Nachdem Anzeige gestellt worden war, suchte die Polizei Taleb A. am 4. Oktober 2024 auf.
Mit einer solchen Gefährderansprache will die Polizei signalisieren, dass sie einen potenziellen Straftäter im Blick hat und fordert ihn auf, ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen.
Zwischen April 2023 und Oktober 2024 erstattete Taleb A. fünfmal Anzeige. Zunächst beklagte er, dass ihm ein USB-Stick aus dem Briefkasten gestohlen worden sei, der Beweise für Straftaten des saudi-arabischen Staates enthalte.
Zudem legte er sich mit der Säkularen Flüchtlingshilfe an, einem Verein, der sich um die Interessen atheistischer Flüchtlinge kümmert. Er warf Mitarbeitern zweimal sexuelles Fehlverhalten vor. Dazu kommen zwei weitere Fälle, wegen angeblicher Bedrohung durch die saudi-arabische Regierung und wegen Verleumdung.
Nachdem er mit der Behandlung eines Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Köln nicht zufrieden war und dieser gedroht hatte, war am 28. September 2023 schon einmal eine Gefährderansprache auf dem Polizeirevier Salzlandkreis erfolgt.
Gefährderansprache gegen Magdeburg-Todesfahrer: Arbeitgeber von Taleb A. wusste nichts!
Kurz vor Weihnachten war der 50-jährige Taleb A. mit einem Auto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast. Dabei wurden fünf Menschen getötet und knapp 300 Personen verletzt. Der Mann aus Saudi-Arabien sitzt in Untersuchungshaft.
Taleb. A war seit 2020 im Maßregelvollzug in Bernburg (Salzlandkreis) als Stationsarzt tätig. Er arbeitete mit suchtkranken Straftätern.
Trotz der Tatsache, dass der Mann für die psychiatrische Betreuung von Patienten zuständig war und die Gefährderansprache auf der Arbeit erfolgte, gab es zwischen dem Gesundheitsunternehmen Salus und der Polizei keinen Austausch.
Nach Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt: Taleb A. sitzt weiterhin in U-Haft
"Den Grund für das Aufsuchen des Mitarbeiters Taleb A. hat die Polizei nicht mitgeteilt", sagte eine Salus-Sprecherin der dpa.
Die Polizei kann personenbezogene Daten zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten an öffentliche und nicht öffentliche Stellen übermitteln.
Das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt teilte dazu auf Anfrage mit, es habe unmittelbar nach der Gefährderansprache jedoch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, "dass durch eine Datenübermittlung Gefahren im Umfeld des Arbeitgebers abgewehrt werden könnten". Damit seien die Voraussetzungen für eine Datenübermittlung nach derzeitigem Prüfungsstand nicht erfüllt gewesen.
Die fachliche Qualifikation des Arztes stellte das Unternehmen Salus nicht infrage. "Taleb A. hat seinen Dienstvorgesetzten keinen Anlass geboten, an seiner ärztlichen Qualifikation zu zweifeln", sagte die Sprecherin.
Originalmeldung von 12.20 Uhr, zuletzt aktualisiert um 15.12 Uhr.
Titelfoto: Bildmontage: Hendrik Schmidt/dpa, Saale Grill Bernburg/dpa