Totenstille statt Heavy Metal: "Hellraiser"-Chefin Katrin vermisst ihre Headbanger
Leipzig - Harte Gitarrenriffs, durch die Luft wirbelnde Haare, verschwitzte Leiber, überlaufendes Bier - wer in Leipzig den "Hellraiser" besucht, der will sich und seinen Ohren die Dröhnung geben. Mit der Übernahme von Sachsens bekanntestem Heavy-Metal-Club hatte sich Katrin Schönfuß (43) 2005 einen Traum erfüllt. Doch der ist nun zum Albtraum geworden.
"Verdammt, ich will endlich wieder arbeiten - lieber Stress bis zum Umfallen als dieses untätige Rumsitzen." Katrin Schönfuß ist eine zierliche, eher unscheinbare Frau, die so gar nicht dem Klischee einer "Metal-Braut" entspricht. Doch wenn es um den Lockdown geht, dann setzt das Emotionen in ihr frei wie bei Iron Maiden in "The Number of the Beast".
Schon beim ersten Lockdown musste Katrin 20 fest gebuchte Konzerte von Bands, zu denen in der Regel bis zu 800 Leute in den Club strömen, absagen. "Am 14. März hatte als Letztes Lordi bei uns gespielt", erzählt die gebürtige Vogtländerin.
Bevor die finnischen Hard-Rocker, die 2006 überraschend den Eurovision Song Contest gewannen, die Bühne betraten, hatte sich die Club-Chefin besorgt von Amt zu Amt telefoniert.
"Ich wollte wissen, ob wir das mit 800 Leute noch machen können, bin aber auf völlig überforderte Behörden gestoßen".
Lordi spielte - und zwei Tage später stand für Katrin das Leben still. Veranstaltungsverbot, kurz darauf Lockdown! Monate gingen ins Land, es wurde vieles gelockert, doch die Clubs durften noch immer nicht öffnen.
Tausende Euro für ein nun wertloses Hygienekonzept
"Wir haben dann draußen einen Freisitz errichtet, eine Holzbühne gezimmert und am 18. Juli ganz klein mit Open-Air-Konzerten, Grill und Ausschank wieder angefangen", berichtet die gelernte Textilmustergestalterin.
Meist waren es Leipzigs Gitarrengötter von Flecke &. Co., die vor 100 Freisitz-Gästen spielten und das "Hellraiser" musikalisch am Leben hielten.
Als die Politik im Sommer signalisierte, dass Livekonzerte bald auch wieder in Hallen stattfinden können, kümmerte sich Katrin um ein aufwendiges Hygienekonzept für den Club, besorgte Stühle, Desinfektionsspender, Schutzvorrichtungen und installierte am Boden ein "Headbanger-Leitsystem" mit Zu- und Austrittsspur.
Am 2. Oktober war es dann endlich soweit. Mit einem Konzert der NDH-Band Maerzfeld beendete der "Hellraiser" den Dornröschenschlaf.
Ein ungewöhnliches Bild zwar - denn zu den harten Klängen saßen die knapp 150 Fans brav auf den nach Hygieneabstand ausgerichteten Stuhlreihen - doch Katrin konnte endlich wieder ihrer geliebten Arbeit nachgehen.
Fitness statt Hardrock: Lockdown macht Hellreiser-Chefin zu schaffen
Vier Konzerte hielt das Glück.
"Dann kam dieser beschissene neue Lockdown, wir mussten schließen und ich kann mir mit meinem Tausende Euro teuren Hygienekonzept nun den Ar.... abwischen", schimpft die "Hellraiser"-Chefin in bester Hardrocker-Manier.
Seither ist Katrin wieder viel in ihrer ganz privaten Mucki-Bude, stemmt mit Gewichten ihren Frust heraus. "Die hab ich mir bereits beim ersten Lockdown in der Garage eingerichtet, weil ja auch damals schon die Fitnessstudios zu waren", erzählt sie.
Und gerät dann wieder in Wallung: "Diese Corona-Maßnahmen der Politik sind absolut unverhältnismäßig - und sie vernichten jede Menge Existenzen!"
Momentan lebt Katrin von ihrem Ersparten. Wie lange das noch reicht? Schulterzucken.
Titelfoto: Fotomontage: Ralf Seegers